KAPITEL 1 – Digitalisierung – Wirtschaftliche Umwelt

Autor: Alexander Disler

Das wirtschaftliche Leben von Ben im Jahr 2030

Ben dachte sich: «Jetzt muss ich noch schnell dem Händler mitteilen, dass ich mein neues Mountain-Bike um 19 Uhr abholen komme.» Gedacht – getan. Via Instant-Messenger Whatsapp informierte Ben den Händler.

Ben freute sich nun seit sechs Tagen riesig, fast wie ein kleines Kind auf Weihnachten. Er hätte sich das neue Mountain-Bike auch ins Büro liefern können, aber er fand, es sei trendy, wenn man es sich selbst beim Händler abholt. Sein neues Mountain-Bike ist das Nonplusultra, absolut auf state-of-the-art-Technologie. Nach über einem Jahr Bedenkzeit hat er sich vor sechs Tagen doch zu einem E-Mountain-Bike durchgerungen, Benjamin, ein äusserst sportlicher 35-jähriger Junggeselle, den aber alle Ben rufen. Die Entscheidung ist Ben nicht wirklich leichtgefallen. Sein bisheriges Mountain-Bike war ein konventionelles Bike, Jahrgang 2016. Bis anhin hat er eher verächtlich all die E-Bike-Fahrer beachtet, die ihm auf seinen anspruchsvollen Touren begegnet sind. Das neue Velo wird in Brasilien produziert, ein High-Tech-Ding, aber, so dachte Ben, man leistet sich ja sonst nichts.

Das E-Mountain-Bike funktioniert mit einem asynchronen Gleichstrommotor, der sowohl Leistung abgeben kann, als auch als Dynamo funktioniert. Mittels einer cleveren Elektronik schaltet das E-Bike jeweils in den richtigen Momenten der Anwendung von „Leistung abgeben“ zu „Leistung empfangen“ um. Aber dies ist noch nicht alles: Die wichtigsten Teile am E-Bike sind mit einem RFID-Chip versehen, um in einem Garantiefall die Belastungsdaten und Erstelldaten der Einzelteile ablesen zu können. Zudem werden alle wichtigen Daten des Fahrzeugs geloggt, so werden der E-Motor, die Batterie, die Achsen, die Pedalen und der Velocomputer laufend überwacht. Der Bordcomputer am E-Bike ist ein Wunderwerk der neusten Technik, alles Wichtige ist auf dem kleinen wasserresistenten Touchscreen-Bildschirm für den Nutzer abrufbar.

So eine Gelände-Navigation mit den Bike-Strecken, eine Schwierigkeits-Anzeige der Geländestrecke, eine Warnfunktion (vor gefährlichen Geländesituationen oder einer Dysfunktion des Bikes), eine Notruf-Einrichtung, und all die üblichen Anzeigen von solchen Velo-Computern, wie Geschwindigkeit, Steigungsniveau, Kcal, Trittfrequenz oder andere Werte. Das Tolle an all diesen Funktionen ist, dass Ben nur noch ein Benutzerkonto auf der Webseite des Herstellers in Deutsch anlegen muss, um danach all seine sportlichen Aktivitäten mit seiner Person zu synchronisieren. Ben bereitet es Spass und Stolz, seine sportlichen Leistungen zu loggen und im Jahresvergleich zu beurteilen – so ist er auch einer Online-Sportgruppe beigetreten, in der neuste Trends, Touren, Tipps oder Tricks ausgetauscht werden. Zudem bietet die Software des Bike-Herstellers eine Schnittstelle (Link) zur Kranken- und Unfallversicherung. Seit 2020 bieten die meisten Kranken- und Unfallversicherungen eine Gutschrift auf sportlich aktive Versicherungsnehmer, die alle Aktivitäten der Nutzer loggt. Und Ben kann so eine „Stange“ Geld sparen, ohne dass er viel machen muss.

Der Bordcomputer ist dauernd mit dem Hersteller verbunden und übermittelt laufend den Standort, die gefahrene Strecke, die Geschwindigkeit, die Belastung der Achsen und Dämpfung oder den Zustand der Batterie und liefert die Daten für die bedürfnisgerechte Leistungssoftware der Nutzer. Der Bordcomputer informiert den Nutzer auch über einen notwendigen Service des Bikes, sobald die Anzahl Kilometer oder die maximale Belastung erreicht wurden. Um einen Termin mit dem bevorzugten Händler zu fixieren, muss Ben muss nur eine Bestätigung auf dem Touchscreen-Bildschirm anklicken. Das Software-System sendet nun eine Aufgabe (Task) an Bens Outlook, wobei gleichzeitig bei bevorzugten Händlern ein möglicher Terminabgleich für einen entsprechenden Service gemacht wird. Ben wird danach in aller Ruhe, und wenn er Zeit und Lust hat, einen Termin elektronisch fixieren können.

Aber bis es soweit ist, dauert es noch etwas. Jetzt geht es darum, das neue E-Mountain-Bike abzuholen. Und … natürlich während der Arbeitszeit nicht den Träumen des Sportes nachzuhängen. Wir schreiben das Jahr 2030.

Als Nächstes steht ein Meeting an, genauer gesagt das Projektmeeting „Integration der Schienenfahrzeuge in den Verbund der Strassenfahrzeuge“.

Nachzügler haben das Nachsehen

Die zunehmende Digitalisierung in den verschiedenen Branchen macht sich auf unterschiedliche Arten bemerkbar. Die Hochschule Luzern hat im «Digitalisierungsbarometer 2016» den aktuellen Branchengradmesser zusammengetragen, daraus geht hervor, welche Branchen und Berufsgruppen in der Digitalisierung schon weit vorangeschritten sind und welche nicht. Die Studie zeigt demzufolge auch auf, dass Unternehmen, welche sich der digitalen Transformation nicht stellen und dieser in ihrer Ausrichtung (Strategie) nicht Rechnung tragen, «existenziell gefährdet» sind.

In dieser Studie wurden auch Fachpersonen befragt, die u.a. in Architekturbüros, in Generalunternehmen, Bauunternehmen, in der Vermarktung oder im Immobilieninvestment tätig sind. Bei der Auswertung stellte sich heraus, dass zwar knapp ¾ der Firmen die Bedeutung der Digitalisierung erkannt und entsprechende Ziele in der Unternehmensstrategie verankert haben, die Qualität der Umsetzung aber sehr unterschiedlich ist. Architekturbüros sehen sich als Vorreiter der Digitalisierung in ihrer Branche – gemäss der Studie sind sie (entgegen ihrer Eigenansicht) aber für die kommenden Herausforderungen schlecht gerüstet. Durch die tägliche Nutzung von digitalen Systemen (wie z.B. 3D-Modelling, CAD-Systemen oder Stücklisten) schätzen sie sich aus diesen Gründen als innovativ ein. Die Studie zeigt nun, dass dem aber nicht so ist. Architekten erkennen noch zu wenig, dass die Digitalisierung nicht nur ihren Planungsprozess (und dessen Hilfsmittel) verändert, sondern auch das komplette Geschäftsmodell einer massiven Änderung unterliegt. Die Kundenbeziehungen, die Beratung und auch die Ausführung werden zukünftig von dem bestehenden Modell abweichen.

Dies wird in ähnlichem Umfang auch für andere Branchen gelten. Mit IT-Systemen zu arbeiten und Daten digital aufzubereiten bedeutet noch lange nicht, das digitale Geschäftsmodell zu leben. Die Autoren der Studie stellten diese Unterschiede nicht nur in den einzelnen Geschäftsbereichen fest, sondern auch in der Ausrichtung der Unternehmen. 69 % der nur national tätigen Unternehmen wähnen sich noch «in einem sicheren Hafen», befürchten also keine Auswirkungen auf ihr heutiges Geschäftsmodell. Im Gegensatz zu den international tätigen Unternehmen, die den «rauen Gegenwind» bereits spüren. Sie nehmen auch die Konkurrenz drastischer wahr und setzen die Digitalisierung konsequenter um. Denn je mehr internationale Firmen und Unternehmen in die Schweiz drängen, desto stärker werden die nationalen Unternehmen unter Druck geraten.

Geschäftsmodelle

Veränderung ist allgegenwärtig, war sie auch schon in der Vergangenheit. Das ist per se nichts Spezielles. Unsere Autos, Häuser, Städte, Geschäftsmodelle, Produkte  oder unsere Lebensweise sehen heute komplett anders aus als noch vor 20 Jahren.

Mit den folgenden Begriffen umschreiben wir Veränderung auch noch:

  • Änderung, Abwandlung, Korrektur, Modulation, Modifikation, Modifizierung, Überarbeitung, Umänderung, Umarbeitung, Umbildung, Umformung, Umgestaltung, Umwandlung, Revision oder Transformation
  • aber auch als Abkehr, Abwendung, Neuerung, Neugestaltung, Neuregelung, Umbruch, Umkehr, Umschwung, Umstellung, Wechsel, Wandel, Wende oder Wendung.

Die Vielfalt der Begrifflichkeit zeigt die Dimensionen unserer Sprache und verdeutlicht, dass man eine Veränderung ganz unterschiedlich ausgestalten und anwenden kann.

Auch Geschäftsmodelle haben sich immer verändert und sich den neuen Marktgegebenheiten und Kundenbedürfnissen angepasst. Mit der Digitalisierung erfolgt dies aber je nach Branche äusserst ruppig und heftig. Bei solchen Brüchen in Geschäftsmodellen spricht man von disrupten Entwicklungen. Um den Begriff «disrupt» ist ein richtiger Hype entstanden. Nahezu in jedem Vortrag, Seminar, Zeitungsartikel oder Fachdiskussion wird der Begriff der Disruption verwendet, es wird also von einem Zerreissen bestehender Strukturen oder des Marktes gesprochen. Professor Anders Hvid von der Singularity University im Silicon Valley hat diesen Begriff mit folgenden Worten umschrieben: «Wenn die Geschwindigkeit einer Entwicklung innerhalb eines Sektors oder Produktes die Fähigkeit von etablierten Firmen übersteigt, die unternehmerische Praxis oder das Geschäftsmodell anzugleichen».

Bei disruptiven Entwicklungen spielen also mehrere Faktoren eine Rolle, wie:

  • die Geschwindigkeit der Neuerungen
  • die Fähigkeit der bestehenden Organisation, auf neue Ansätze zu reagieren (Trägheit im etablierten Geschäft)
  • das Erkennen von neuen Entwicklungen
  • die vorhandenen Ressourcen und das Wissen.

Selbst die technologieaffinen Schweizer Unternehmen laufen Gefahr, aufgrund der Schweiz-typischen Zurückhaltung und einem vergleichsweise grossen Geschichtserbe von einem disrupten Player überrannt zu werden.

Die Gesamtheit der Veränderungen führt in vielen Unternehmen zu einer eigentlichen «Schockstarre», da bestehende Strukturen, Geschäftsmodelle, Abläufe oder Dienstleistungen «über Nacht» an Bedeutung verlieren. Im letzten Jahrhundert galt vielmehr die Lösung «Wer sich bewegt, hat verloren» – bestehendes Erfahrungswissen, eingeschliffen über X Jahre, gab dem Management das nötige Know-how und Sicherheit. Heute ist das Gegenteil der Fall und die Losung heisst: «Wer sich nicht bewegt und sich verändert, hat morgen bereits verloren».

Für viele Unternehmen stellt sich die Frage, wann, wie und in welchem Umfang es sich bewegen soll. Erschwerend kommt hinzu, dass das heutige Management wenig Affinität zur digitalen Transformation oder zu IT-Wissen hat. Junge Mitarbeiter, digitale Natives, haben diese zwar, ihnen fehlt aber vielfach das Geschäftswissen, das Wissen über Projektmanagement, die notwendige Erfahrung Teams zu leiten, Branchenerfahrung oder Konzepte zu erstellen.

So kommt es, dass die Schockstarre anhält. Man erkennt die sich abzeichnende Veränderung, weiss aber gleichzeitig nicht, wie man sich dem stellen soll. Das Aussitzen der Situation ist in diesem Fall wohl die denkbar schlechteste Möglichkeit. Die Änderungsgeschwindigkeit wird immer grösser, tagtäglich steigt damit das Risiko, als Verlierer zurückzubleiben. Die Anpassungsfähigkeit der Geschäftsmodelle avanciert zum strategischen Wettbewerbsvorteil. Alle bisher erfolgreichen Unternehmen sind von dieser digitalen Transformation bedroht und dies nicht nur im bestehenden Geschäftsmodell, sondern dies betrifft auch jede Marke und jedes Angebot. Unabhängig von der Grösse und der erreichten Marktposition. Kein Geschäft ist «too big to fail». Folgende Aspekte führen dazu:

  • die Halbwertszeit von Wissen wird sich nochmals stark verkürzen, d.h., dass über die letzten Jahre gesammelte und verwendete Wissen wird massiv entwertet. Bisherige Erfolgsstrategien und Vorgehensweisen werden für die Zukunft keine Bedeutung mehr haben.
  • durch die neuen Entwicklungen wird das bestehende Erfahrungswissen systematisch an Wert verlieren – unbrauchbar und nicht mehr gefordert. Dadurch lässt sich auch erklären, weshalb in vielen Unternehmen massiver Widerstand gegen die anstehenden Veränderungen vorhanden ist. Denn für das heutige Management würde gelten, die heutige Komfortzone zu verlassen.
  • Marketing und der Verkauf werden sich dramatisch verändern, um ihre Rolle als Strategie- und Ergebnistreiber noch zu erfüllen.
  • die neuen Tools (soziale Medien, SEM, SEO etc.) aus der digitalen Welt können heute noch nicht systematisch und umfassend gemessen werden. Dies ist aber nötig, um ihre Wirtschaftlichkeit sicherzustellen – dies bedeutet aber nicht, deshalb auf diese Tools zu verzichten.

Aus diesen Gründen ist ein Change-Management für jedes Unternehmen überlebenswichtig.

Der neue Konsument

Für den Kauf seines neuen Mountain-Bikes hatte sich Ben über ein Jahr lang schlau gemacht. Er besuchte einschlägige Webseiten wie auch Blogs, vor allem aber hat er sich mit seinen Kollegen über deren Erfahrungen ausgetauscht. Denn Ben traut vor allem den grösseren, multinationalen und gesichtslosen Unternehmen/Produktherstellern immer weniger. Nicht nur ihm geht es so, auch in seinem Umfeld verhält es sich identisch.

Die Transparenz der Leistungen und Produkte ist unglaublich: Im Internet findet er jede Menge Ansichten und Beurteilungen zu einem Produkt. Er schätzt dies sehr, so kann er in aller Ruhe auswählen, vergleichen, Preise prüfen und sich austauschen. Ben bevorzugt die jeweiligen persönlichen Einschätzungen von anderen Käufern und Nutzern, die äusserst positiven sowie die ganz negativen beachtet er aber nicht mehr. Zu gegensätzlich sind da die Meinungen, teils werden Produkte gar verteufelt und als gesundheitsschädigend gebrandmarkt. Ben schätzt aber alle sozialen Medien in etwa gleich, er nutzt die Medien je nach Produkt und Nutzerkreis.

Ben und alle anderen Konsumenten fühlen sich so als absolute Könige. So werden die meisten Produkte (bis auf wenige Ausnahmen) kundenindividuell auf die Bedürfnisse der Einzelkunden angepasst, d.h. customized. Ebenso verhält es sich mit Ben’s Bike: Die Rahmenhöhe, der Sattelabstand, oder auch der Winkel zur Pedale des Mountain-Bikes sind exakt auf die seine Körpergrösse angepasst. 81 % aller Produkte werden im 2030 über das Internet bestellt und dem Kunden über eine vielfältige und moderne Logistik innerhalb des gleichen Tages an den gewünschten Lieferort ausgeliefert. So bestellt auch Ben alles per Internet, von Lebensmitteln bis hin zu Möbeln.

Diese Transparenz, darüber ist sich Ben im Klaren, hat aber auch viele Nachteile. Unternehmen stehen dermassen unter Preisdruck, dass sie in erheblichem Ausmasse automatisiert und digitalisiert haben. Dies hat dazu geführt, dass alle produzierenden Unternehmen Arbeitsplätze abgebaut haben. Ben schätzt sich glücklich, dass er zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Auch in seinem Freundeskreis gibt es einige Kollegen, die zwar eine Top-Ausbildung abgeschlossen haben, aber nie wirklich regulär mit einem regelmässigen Monatseinkommen gelebt haben. Diese Nomaden der Arbeit hangeln sich von Job zu Job, oder auch von Projektarbeiten zu Hilfstätigkeiten.

Im digitalen Zeitalter gibt der Kunde das Tempo vor

Im letzten Jahrhundert mit der Industrialisierung und der Entwicklung hin zur Konsumgesellschaft gewann der Kunde und Konsument immer mehr an Bedeutung. Zur Zeiten der Industrialisierung war es wichtig, eine Fabrik zu besitzen, denn damals waren die Produkte noch «wirtschaftlich» knapp und konnten den Konsumenten von den Fabrikbesitzern zugeteilt werden. Als Fabrikbesitzer konnte man bald nicht mehr genügend nachgefragte Güter produzieren und so wurde es möglich, überdurchschnittliche Preise zu realisieren.

Mit dem Übergang zur Konsumgesellschaft erhielt der Kunde und Konsument immer mehr Macht. Nun hiess die Losung «es ist besser, einen Markt zu haben, als eine Fabrik» (Peter Drucker – USA Ökonom). Marketing wurde in dieser Zeit ein Muss für alle Unternehmen, klassische und nichtklassische Werbung boomte, Marken und die Identifikation von Produkten wurden wichtig, auf einen Nenner gebracht: der «Kunde wurde König».

Mit der Digitalisierung wird diese Bewegung nochmals einen mächtigen Schub erhalten. Die heutigen Kunden und Konsumenten sind wählerischer, warten länger bis zum Kaufentscheid zu, dafür wollen sie nach dem Kauf die erworbene Leistung unmittelbar verwenden können. Eine Lieferverzögerung wird nicht akzeptiert. In der individualisierten Gesellschaft vertraut man den Werbebotschaften und den Produktebeschrieben schon lange nicht mehr, vielmehr schenkt man sein Vertrauen der Rezension eines unbekannten Autors (und Konsumenten).

Man tauscht sich innerhalb Millisekunden untereinander aus, holt sich die Informationen aus dem Internet und den sozialen Medien (Facebook, Twitter oder Instagramm) und ist nicht gewillt, mehr als nötig für das Produkt oder die Dienstleistung zu bezahlen. Dies stellt nun nicht nur die Hersteller (Fabrikanten), sondern auch den Handel vor ganz neue Herausforderungen. Es dreht sich alles nur noch um den Kunden. Der Kunde gibt neu auch die Produktqualität, die Produktverfügbarkeit, den Kauf-Ort (offline im Laden, online im Internet), die Preishöhe (Auktionsplattformen, E-Shops etc.), den Kaufzeitpunkt (24-Stunden-Gesellschaft) etc. vor.

Weshalb kaufen die Kunden im Internet?



 


Vor 20 Jahren hatten viele Unternehmen grossartige Ideen, doch die Kunden waren damals noch nicht bereit dafür. Die Leistungsfähigkeit der Computer und der Softwares und somit die digitale Potenz für jeden einzelnen Menschen auf der Welt hat sich jedoch dramatisch verändert. Die Menschen heutzutage sind permanent bereit dazu, Neues auszuprobieren und mit disruptiven Ideen und Geschäftsmodellen zu arbeiten. Die Veränderung ist nur vordergründig technologischer Natur. Der grosse Wechsel findet vor allem im sozialen Bereich statt. Denn wie Menschen leben, arbeiten und zueinander in Beziehung stehen, verändert sich fundamental. Die Nutzer treiben die Digitalisierung voran, indem sie neue Anforderungen an Kauf-Erlebnisse und Transparenz einfordern. Die Unternehmen sind gefordert, dem Kunden die gewünschten Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Somit wird jedes Unternehmen über kurz oder lang auf die Digitalisierung und die Verarbeitung von Daten mit Hilfe von Algorithmen umschwenken müssen.

Die Unternehmen werden zu den Getriebenen der Nutzer und Konsumenten. Die Konsumenten bestimmen diese Entwicklung sehr stark mit, in der Art der nachgefragten Leistungen, wie auch an der Geschwindigkeit von neuen, noch umfassenderen Lösungen und Services. Diese Dynamik wird wellenartig durch die Branchen rollen.

Keine Branche wir davon ausgeschlossen sein, denn der Kunde ist nicht nur als Privatkunde im B2C (= Business-to-Consumer) aktiv, er arbeitet auch in einem Unternehmen und ist dort als Firmenkunde im B2B (= Business-to-Business) tätig. Man kann davon ausgehen, dass Leistungen, Entwicklungen, Services und Anwendungssoftware aus dem privaten Bereich in den Businessbereich hinüberschwappen. Dies mit einer zeitlichen Verzögerung. Die Bewegung ist nicht aufhaltbar. Denn der Einkäufer in einem Unternehmen ist neben der Arbeit im Büro auch als privater Konsument unterwegs und schätzt die Vorteile der Digitalisierung in seinem gesamten privaten Umfeld. Der Nutzer wird somit auch im geschäftlichen Umfeld die gleichen Massstäbe anlegen, nämlich eine einfache, effiziente Handhabung, eine ansprechende Gestaltung/Design, eine persönliche Kommunikation, Transparenz über alle Produkte und Leistungen hinweg, sowie die ständige, mobile Verfügbarkeit.

Volkswirtschaftliche Entwicklung

Die digitale Transformation unserer Volkswirtschaften hat in den letzten 20 Jahren unaufhörlich Fahrt aufgenommen. Zu Beginn wurde die Digitalisierung nur von wenigen Personen ernst genommen, seit dem Platzen der Dot-Com Blase im März 2000 wirkt die Veränderung immer schneller und intensiver. Mit der Lancierung der Smartphones (Blackberry mit einer Tastatur im Jahr 2002, Apple mit iPhone und einem Touchscreen 2007) in einem unglaublichen Tempo. So waren plötzlich überall Daten, Informationen, E-Mails und elektronische Programme (Apps) überall und vor allem unterwegs verfügbar. Dieser Boost führte zu einer weiteren Verbreitung der Technik, dazu sind weitere Technologieunternehmen auf die Marktentwicklung aufgesprungen. Heute kann der Konsument unter zig Marken und Betriebssystemen auswählen, aber auch die mobile Art zu telefonieren hat sich massgeblich verändert. Vom Branchenprimus der Millenniumsjahre, der Marke Nokia, zu den heutigen Multifunktionsgeräten verstrich die Zeit auch in Menschenleben gerechnet äusserst schnell. Dieser Erfolg war nur möglich, weil sich die Technik im Bereich der Elektronik, insbesondere in der Chip-Industrie, derart entwickelte. Und dieser Effekt wird in Zukunft noch viel schneller vonstattengehen, sei dies in der Entwicklung der Breitbandanschlüsse (= Hochleistungsanschlüsse), um Daten aus dem Datennetz herunter- oder hinaufzuladen, oder sei dies in der allgemeinen Prozessorentechnik. Das Gleiche gilt für Festplatten und deren Speicherkapazitäten. Dazu kommen neue Technologien ins Spiel, wie die SSD (= Solid State Drives), welche die Daten zirka zweimal so schnell laden wie herkömmliche Festplatten.

Diese Möglichkeiten führten zudem zu vielen Änderungen im Geschäftsleben. Neue Businessmodelle sind entstanden, wie zum Beispiel sämtliche Apps (= Programme, Anwendungen), die man sich auf das Smartphone laden kann. Aber auch in den analogen Businessmodellen hat sich Einiges getan. Ganze Branchen sind durch möglicherweise nur einen einzigen, neuen Anbieter massiv unter Druck geraten. Vielfach ist oder war es der Preisdruck, der zu einer Bereinigung des Marktes geführt hat. Als Beispiel sei hier der Buchhandel angeführt.

  • Gemäss Bundesamt für Statistik ging die Anzahl der Buchhandlungen in der Schweiz zwischen 1991 und 2005 von 622 auf 599 (-3,7 %) zurück.
  • 2005 existierten 415 Buchhandlungen in der Deutschschweiz.
  • Aufgrund von Recherchen der Handelszeitung waren Ende 2010 in der Deutschschweiz noch 290 Buchhandlungen (innerhalb von fünf Jahren -129 Buchfachhandlungen oder -30,8 %) tätig.
  • Neuste Zahlen für den CH-Markt von 2016 zeigen ein Umsatzeinbruch von -4,2% gegenüber dem Vorjahr, nachdem in den letzten 10 Jahren ein Minus von -25% resultiert.

Quelle: sbvv (Schweiz. Buchhändler- und Verleger-Verband)

Der heutige (weltweite) Branchenprimus ist Amazon, der im gleichen Zeitraum seinen Nettoumsatz (nur Umsatz ausserhalb von Nordamerika) von USD 3,8 Mia. im 2005 auf USD 35,42 Mia. im 2015 (+832 %, oder eine Verzehnfachung des Umsatzes) vergrössern konnte.
Schätzungen gehen davon aus, dass der Marktanteil von Amazon in der Schweiz bei bis zu 50 % des Büchermarktes liegt, bei den anderen Artikeln wie Kleidern liegt der Wert bei 5 % und bei Elektrogeräten bei 20 %.

Mountain-Bike Abholung bei Fachhändlern

So, endlich Feierabend und nun schnell zum Bike-Händler. Gut, dass Ben den Termin elektronisch noch um 30 Minuten nach hinten verschoben hatte. Wie bereits vermutet, hat das Meeting doch länger gedauert, als ursprünglich geplant war. Ben schnappt sich vor dem Bürogebäude ein Mobitranscar-Velo, diese stehen überall an seinem Wohnort und können mittels einer Mitgliedschaft bei Mobitranscar (Ben arbeitet bei diesem Unternehmen) sehr einfach mittels einer Kreditkarte freigeschaltet und verwendet werden. Auch diese Fahrräder sind intelligent und dauernd mit dem Anbieter Mobitranscar verbunden. Nun fährt er durch die Kleinstadt zum Bike-Händler, dabei informiert ihn der Bildschirm über den einfachsten Weg (ohne Stau, ohne Geländesteigungen, den kürzesten oder schnellsten) hin zur Adresse. Angekommen am Zielort, kann er das Velo ganz einfach stehen lassen. In diesem Moment wird ihm die Fahrt von seinem globomoney-Konto abgezogen – es ist ein bescheidener Betrag, den ihn die Fahrt gekostet hat. Die wenigsten Nutzer kaufen sich heute noch die Konsumgegenstände, lieber mietet man die notwendige Ausrüstung für den jeweiligen Gebrauch. So bezahlt man lediglich beim wirklichen Gebrauch.

Der Bike-Händler erwartet Ben bereits und erklärt ihm mittels der HTC Reality VR-Brille (Version 15) zusätzlich die wichtigsten Punkte. Ben taucht mit der Brille auf dem Kopf umgehend in die virtuelle Welt ab, sein Bike wird in allen Details vorgestellt (in Form von Schnittzeichnungen, Videos, Bildern, Texten, 3D-Modellen oder als Explosionszeichnung), die Funktionen und Einstellmöglichkeiten werden virtuell in 3D dargestellt. Da Ben sich schon so lange für diese Mountain-Bikes interessiert hat, weiss er eigentlich schon alles. Vor der Bezahlung sendet er seinen Freunden und insbesondere seiner Freundin Mia, die er erst vor einer Woche kennengelernt hat, die Info, dass er nun „endlich“ Besitzer des High-End Mountain-Bikes ist.

Heutzutage, im Mai 2030, werden die wenigsten Produkte und Leistungen noch im Laden direkt abgeholt. In der Online-Welt gekaufte Produkte, und dies sind die meisten Güter, lässt man sich nach Hause oder an eine Pick-up-Station liefern. Genutzt wird auch die Kofferraum-Logistik, oder das Ausliefern erfolgt gar mit der Drohne. All dies hatte Ben sich davor natürlich auch überlegt. Zu Beginn liebäugelte er auch mit einem 3D-Druck. Die 3 D-Drucker erfreuen sich im Jahr 2030 hoher Beliebtheit, so lassen sich die entsprechenden Produkte in speziellen Printshops herstellen. So auch Bens neues Velo. Massenprodukte werden jedoch nach wie vor in klassischen Fabriken produziert. Diese Herstellform ist noch immer kostengünstiger, da auf diese Weise standardisiert grosse Mengen herstellen und montieren werden können. Bei individualisierten Gütern oder Kleinmengen jedoch werden 3D-Drucker effizient und kostengünstig eingesetzt, dies gilt beinahe für alle erdenklichen Produkte, wie Lebensmittel, Medikamente, Konsumgüterprodukte, Ersatzteilen oder selbstgestaltetem Spielzeug. Die Stärke der 3D-Drucker ist die einfache und unkomplizierte Erstellung für vor allem schlecht produzierbare Elemente oder Teile (u.a. Hohlkörper, komplizierte Formen, seltene Medikamente, spezielles Design, individuelle Formen oder Einzelstücken)

Ben kann es kaum erwarten, auf dem neuen Bike eine kurze Runde zu drehen, davor muss er dem Händler jedoch noch den Restbetrag bezahlen. Auch dies geht fix: Er hält kurz sein Multifunktions-Smartphone an den Bezahlterminal und einen Augenaufschlag später werden ihm als zusätzliches Sicherheitsmerkmal seine beiden Augen gescannt. Fertig. Mit dem Augenaufschlag hat er in diesem Moment 1912.10 Globomoney an seinen Händler überwiesen. Die Transaktion findet ohne Banken (und somit ohne Zwischenhändler statt), dadurch entstehen auch keine Transaktionskosten.

Nun geht es „ab die Post“ durch die Stadt – so schnell war Ben noch nie von dieser Seite der Stadt bei sich zu Hause – und dies liegt sicherlich nicht nur an der E-Unterstützung des Bikes. Zu Hause angekommen heisst es, schnellstmöglich die Klamotten wechseln und wieder raus in die Natur, natürlich nun mit seinem neusten Bike. Das Bike müsste er nicht einmal sichern (mit einem Schloss), denn es verfügt über eine digitale GPS-Erkennung und zeigt seinem Nutzer immer an, wo es sich gerade befindet.

Nun kommt der Fun-Faktor hinzu. Ben zieht über seine bevorzugten Bike-Strecken, es geht hoch und runter…, aber was ist das: Sein Touchscreen-Bildschirm zeigt ihm eine Route an, die er absolut nicht kennt. Entdeckt – umgesetzt, schon ist Ben auf dem neuen Trail. Diesen kennt er nicht, aber sein Touchscreen-Bildschirm informiert ihn laufend darüber, was als Nächstes kommt. Zum Glück, denn beinahe wäre er viel zu schnell um die letzte Kurve gefahren, die ziemlich versteckt hinter einem Busch und einer Baumgruppe liegt. Ohne Hilfsmittel hätte er die Kurve nicht «geschafft». Nun befindet er sich wieder auf einer ihm bekannten Strecke. Und … es ist wirklich unglaublich für ihn, für die gleiche Route, die er mit dem alten Bike in knapp unter 20 Minuten zurückgelegt hatte, benötigt er heute mit dem neuen Bike nur neun Minuten – okay, das neue Bike hat E-Unterstützung. So wirkt dies nicht wirklich beeindruckend! Leider ist es schon etwas später und er hat doch noch mit Mia abgemacht, dieses Treffen will er auf gar keinen Fall verpassen, in keiner Hinsicht. Ben schaut auf die digitale Anzeige seines Velos, ja … es reicht noch für weitere 30 Minuten «crossen», dann muss er aber zurück. Mit enormer Kraft tritt er in die Pedale und schon ist er weg.

Schweizer E-Shop Landschaft

In der Schweiz wurde im Jahr 2015 Ware für ca. CHF 7,2 Mia. (plus 7,5 % gegenüber 2014) über das Internet bestellt. Mit ca. CHF 5,3 Mia. Umsatz erzielte der schweizerische Onlinehandel den grössten Anteil. Am liebsten kaufen Herr und Frau Schweizer Heimelektronik, Mode und Schuhe im Internet. Dabei bevorzugen sie den Kauf auf Rechnung, mit rund 85 % stellt dies einen sehr hohen Wert dar. Rund 13 % bezahlten via Kreditkarte oder dem Online-Bezahldienst Paypal. Die Wachstumsrate im Jahr 2015 lag tiefer als in den vergangenen Jahren, rund ein Drittel der Händler verzeichnete sogar einen Umsatzrückgang. Als einer der Gründe gilt der starke Wettbewerb aus dem Ausland, denn der Marktanteil des ausländischen E-Commerce wuchs um zwei Prozentpunkte auf 20 %. Jedoch bereits 2016 schnellte der Umsatz auf insgesamt ca. CHF 11,2 Mia. hoch (gemäss Branchenverband NetComm Suisse), was einem (stürmischen) Wachstum von 55,5 % entspricht. Dabei konnten die Online-Händler 4,7 Mio. Schweizer bedienen. Über das Smartphone werden rund 20 % der Käufe abgewickelt, dieser Wert ist aktuell noch tief. Gründe hierfür sind zu kleine Abbildungen, fehlende Mobiloptimierungen (responsive Design), unzureichende Darstellung des Sortiments, umständliches Bestellen, oder auch Sicherheitsbedenken der Nutzer.

Viele Unternehmen machen sich heute Gedanken darüber, einen eigenen E-Shop aufzubauen, sei dies für eine branchenspezifische Lösung im Industriebereich, oder für die Endkonsumenten. Dabei gibt es schon einige Konkurrenten im B2C-Bereich (= Business-to-Consumer), die sich mit dem Branchenprimus ein Wettrennen in Sachen E-Shop leisten.

AMAZON: Branchenkenner gehen davon aus, dass Amazon in der Schweiz die Nummer drei im Onlinehandel ist. Dies ist insbesondere bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass Amazon keine eigene Schweizer Niederlassung hat und somit alle Sendungen aus dem Ausland in die Schweiz erfolgen. Zudem kann Amazon nicht alle angebotenen Artikel direkt in die Schweiz liefern – dies sind einerseits Handelsbeschränkungen durch Importeure, die ein Exklusivrecht der Verkäufe in die Schweiz mit Markenherstellern vertraglich vereinbart haben oder andererseits Händler, die nicht in die Schweiz liefern dürfen. Der Umsatz von Amazon liegt bei CHF 400 Mio. (2016). Amazon verkauft viele Produkte direkt, tritt aber auch als Vermittler zwischen Händlern und Endkonsumenten auf. Amazon verkauft in der Zwischenzeit sogar Lebensmittel, zu Beginn nur in Nordamerika, seit Juni 2016 nun auch in GB. In Nordamerika wird fast die Hälfte der Online-Einkäufe durch Amazon abgewickelt.

Anzahl Artikel: geschätzt weit über 200 Mio.
Lieferkonditionen: Bücher kostenlos; sonstige Produkte je nach Warengruppe ab EUR 29.00
Rückgabe: 14 Tage Rückgaberecht; Retouren sind je nach Warengruppe kostenpflichtig (ab EUR 8.40)

Zusätzlich hat Amazon in Nordamerika die Funktion «Amazon Dash» aufgebaut (Dash = Schuss, Strich, spurten, düsen). Dies ist eine zusätzliche E-Commerce-Funktion als Einkaufshelfer. Die Dash-Funktion ist in einem Gerät integriert, das mit einem Button versehen ist. Drückt man den Button, wird per WiFi eine Nachbestellung von einem Verbrauchs-Konsumgut ausgelöst, bzw. der Artikel wird unmittelbar (ohne Selektion oder Auswahl) in den Warenkorb des eigenen Amazon-Kontos gelegt. Bei der nächsten Bestellung über Amazon oder unmittelbar (je nach Einstellung des jeweiligen Kontos) werden die entsprechenden Artikel, je nach Region, noch am gleichen Tag ausgeliefert. Amazon bietet diesen Service ab Sommer 2016 auch in Europa an, vorderhand in Grossbritannien. Bis anhin war diese Funktionalität ausschliesslich in den USA gegeben. Der Ablauf ist sehr simpel. Der Dash-Button (Gerät) wird z.B. auf die Waschmaschine geklebt. Sobald das Waschmittel ausgegangen ist, drückt man auf den Button und löst damit eine Bestellung aus, die automatisch in den elektronischen Warenkorb gelangt. Die Funktion ist auf entsprechende Verbrauchs-Konsumgüter beschränkt, wie Waschmittel, Papierwindeln, Kaffeekapseln, Butter, Eier, Milch, Rasierklingen oder Toilettenpapier. Der klassische Besuch im Online-Shop wird dadurch hinfällig, genauso aber auch der klassische Einkaufszettel.

Die Schweizerische Post hat einen ähnlichen «smarten» Knopf entwickelt, dadurch wird der Gang zur nächsten Poststelle überflüssig. Dabei wird der persönliche Briefkasten des Kunden zu einem zusätzlichen Touchpoint (= Berührungspunkt). Sobald der «smarte», in der Wohnung angebrachte Knopf bei einem Kunden zu Hause gedrückt wird, wird der Pöstler darüber informiert, dass ein Brief oder ein Paket abholbereit im Briefkasten/ Milchkasten vorhanden ist. Der Kunde muss so nicht den Weg zur nächsten Post zurücklegen.

Amazon verwendet in Grossbritannien ein etwas anderes Dash-Gerät als in den USA. So verfügt das europäische Modell zusätzlich über einen Scanner und ein eingebautes Mikrofon. Kunden können so bequem von zu Hause aus über das Gerät bei Amazon online, auch mittels Sprachbefehl, einkaufen, indem sie den EAN-Code (= Strichcode) des Produktes scannen oder auch die entsprechenden Produktbezeichnungen (Namen der Artikel) nennen. Mit dem Button lassen sich so die Produkte direkt in den Warenkorb verschieben und bestellen. Mittels Smartphone oder Desktop-PC, bzw. der individuellen Grundeinstellung des Kontos, werden die Produkte umgehend oder bei der nächsten regulären Bestellung nachbestellt.

Ein weiterer Geschäftsbereich, mit dem Amazon demnächst auch in Europa starten will, wird Amazon Fresh sein. Das Geschäft mit Nahrung gilt als der nächste grosse E-Commerce-Trend. Dabei sollen nur (frische) Grundnahrungsmittel angeboten werden, zum einfacheren Abholen der Produkte sollen zudem «drive-in»-Schalter aufgebaut werden.

Nebst dem Online-Geschäft baut Amazon mit Amazon Books auch entsprechende Verkaufs-Läden auf, also ganz gemäss der klassischen Offline-Philosophie. Die Produkte im Amazon Books kosten gleich viel wie online, ein Display am Regal zeigt die entsprechenden Bewertungen und die vorhandenen Leserkommentare aus der Online-Welt an. Ausserdem wird jeder Kauf im Laden auch im Online-Kunden-Konto nachgetragen.

Amazon lancierte im April 2017 in den USA mit Amazon Cash eine neue Dienstleistung mit welcher Kunden im Detailhandel mittels Bargeld ihr Guthaben bei Amazon aufladen können. Somit wird der bestehende Detailhandel zum Steigbügelhalter von Amazon und dies vor allem mit einer Vielzahl an primär kleineren Filialisten. «Like PayPal, Amazon Cash is also meant to appeal to the same general demographic who may not yet be shopping online – those who get paid in cash, don’t have a bank account or debit card, and who don’t use credit cards». Damit werden neue Käufersegmente adressiert, die bislang kaum online eingekauft haben aufgrund fehlender Zahlungsmittel. Zwar sind auch bei uns Geschenkkarten aller grosser E-Commerce Plattformen im Detailhandel omnipräsent, doch hier geht Amazon einen Schritt weiter, und degradiert den Detailhandel zur Einnehmerei. Partizipieren darf der Einzelhandel wohl noch an einer kleinen Service-Fee am Cash, der über diese neue Dienstleistung dem Amazon-Ökosystem zugeführt wird.

Seit November 2017 bietet Amazon neu Amazon Key an und kontrolliert damit nicht nur die «letzte Meile» zum Kunden, sondern macht damit den Schritt in die Wohnung der Kunden. Mit Amazon Key erlaubt man Amazon die Produkte direkt in die Wohnung zu liefern. In 37 US-Agglomerationen wird dieser Service neu ab sofort angeboten, hierfür muss man aber ein In-Home-Kit installieren oder installieren lassen, welches den Zugang ermöglicht. Dies ist ein weiterer cleverer Schachzug aus dem Haus Amazon. Und zwar in mehrfacher Hinsicht,

  • in den USA sind die Schliess-Systeme der Häuser und Wohnungen eher marode (mit dem neuen In-Home-Kit erhält der Kunde eine zeitgemässe Schliess-Lösung = Sicherheit)
  • der Service wird sicherlich von vielen Kunden nachgefragt, da die Lieferung von Ware direkt in die Wohnung des Kunden äusserst kunden- und servicefreundlich ist (= Bequemlichkeit)
  • das In-Home-Kit kann aber auch für andere Dienstleistungen genutzt werden (Amazon kann so z.B. auch die Dienstleistung für einen Handwerker, Putzkraft usw. anbieten und ihm so den Zugang zur Wohnung zum Kunden erlauben = Bequemlichkeit)
  • und zu guter Letzt kann Amazon weitere Gewohnheiten und das Verhalten der Kunden erfassen (mit diesen Daten, Big Data, lassen sich noch exaktere Angebote für den Kunden anbieten = höchste Kundenzufriedenheit).

Somit muss man Amazon Key in einem viel grösseren Kontext betrachten, da mit dem «Schlüssel» zur privaten Wohnung auch viel Vertrauen von seitens der Kundschaft nötig ist. Die Annehmlichkeit für den Kunden ist wohl aber grösser, so dass Amazon über kurz oder lang eine Monopolstellung und damit auch eine Abhängigkeit zum Kunden erzielt.

GALAXUS: Galaxus mit dem Schwesterunternehmen Digitec ist der schweizerische Branchenprimus, aktuell die Nummer eins. Der erzielte Umsatz im Jahr 2015 beläuft sich auf CHF 696 Mio., wobei Digitec den deutlich grösseren Teil des Umsatzes beisteuert. Galaxus, seit 2010 online, ist kein eigentlicher Marktplatz, sondern arbeitet mit Dritthändlern zusammen. Die Plattform steht aber nicht jedermann offen. Galaxus gehört in der Zwischenzeit zur Migros-Gruppe.
Digitec geht seit dem Winter 17/18 neue Wege, indem Kunden Occassionsware anderen Kunden anbieten können. Voraussetzung ist dabei aber, dass das entsprechende Occasionsgerät davor bei Digitec gekauft wurde und dass der Verkaufspreis mehr als CHF 50.- betragen muss. Als Kunden kann man in der Bestellhistorie das entsprechende (ehmals neu gekaufte) Gerät auswählen und so ein Verkaufsauftrag auslösen. Bilder, Texte usw muss man hierzu nicht hochladen, diese Daten werden aus der Datenbank bezogen. Digitec fungiert für die Abwicklung als Kontrollstelle und Schlichtungsstelle, der Verkaufspreis wird an Digitec überwiesen, Digitec informiert den Verkäufer, welcher die Ware an den neuen Besitzer sendet, sobald die Ware beim neuen Besitzer eingtroffen ist erhält der Verkäufer das Geld.

Anzahl Artikel: Galaxus ca. 175‘000; Digitec ca. 100‘000
Lieferkonditionen: keine Versandkosten
Rückgabe: 14 Tage Rückgaberecht; Retouren sind je nach Warengruppe kostenpflichtig

 

BRACK: Brack ist der fünft-grösste Onlineshop der Schweiz. Neben einem umfassenden IT- und Unterhaltungselektronik-Sortiment, wird Brack ab Frühling 2018 mit einem 2’000 Artikel umfassenden Food-Sortiment starten. Zu Beginn werden jedoch keine Frisch- oder Tiefkühlprodukte angeboten und der Fokus wird wahrscheinlich zu Beginn auf starken Markenartikeln liegen.
Im November 2016 hat Brack ein Brack-Order-Button (analog zum Amazon Dash) eingerichtet, wobei das Button-Gerät mit aufladbaren Akkus, frei programmierbaren Tasten und einer Sammelfunktion-Bestellung (die Bestellungen werden über den den Tag gesammelt, um 17 Uhr abgerufen und am Folgetag in nur einer Lieferung ausgeliefert) angeboten wird.

Anzahl Artikel: ca. 150‘000 Artikel
Lieferkonditionen: keine Versandkosten
Rückgabe: 14 Tage Rückgaberecht; Retouren sind je nach Warengruppe kostenpflichtig

 

RICARDOSHOPS: Der Marktplatz von Ricardo ist erst seit 2014 online und noch relativ jung. Auf der Plattform bieten neben Schweizern auch ausländische Händler ihre Produkte an. Ricardo tritt wie bei der Auktions-Plattform nur als Vermittler auf. Verkäufer der Produkte sind immer die Händler, nie Ricardo. Umsatzzahlen sind keine bekannt, Ricardo gehört zum Medienkonzern Tamedia.

Anzahl Artikel: rund 1,8 Mio. Artikel
Lieferkonditionen: je nach Händler, teilweise kostenlos
Rückgabe: 14 Tage Rückgaberecht; Retouren sind kostenpflichtig

 

SIROOP: Dieser Marktplatz wurde im November 2015 von Swisscom und Coop gestartet. Gewisse Produkte werden direkt von Siroop angeboten, bei anderen Produkten tritt die Plattform als Vermittler auf. Umsatzzahlen sind noch keine bekannt. Als Spezialität bietet dieser Marktplatz ein «click and pick» (pick-up-Stationen) an.

Anzahl Artikel: rund 30‘000 (beim Start im Nov. 2015)
Lieferkonditionen: B-Post: kostenlos; A-Post: CHF 5.00
Rückgabe: 14 Tage Rückgaberecht; Retouren sind kostenlos

 

KALOKA: Die schweizerische Post testet bis zum 15.9.2016 einen eigenen Online-Marktplatz. Das Testgebiet beschränkt sich auf die stationären Berner Fachgeschäfte. Danach wird entschieden, ob das Projekt fortgesetzt wird. Die Post verkauft keine Produkte, sondern ist als Vermittlerin tätig. Als Spezialität lassen sich Wunschprodukte per SMS-Suchdienst abfragen.

Anzahl Artikel: ca. 8‘000 Artikel
Lieferkonditionen: B-Post: CHF 7.00; Lieferung gleichentags: CHF 15.00; ebenso ist die Abholung im Geschäft ist möglich (click and pick)
Rückgabe: 4 Tage Rückgaberecht; Retouren sind kostenpflichtig

 

ZALANDO: Dies ist der Branchenprimus im Bereich der Bekleidung, der rund CHF 430 Mio. Umsatz in der Schweiz erwirtschaftet. Zalando ist in 15 Ländern tätig.

Anzahl Artikel: ca. 150‘000 (ca. 1‘500 Marken)
Lieferkonditionen: keine Versandkosten, CHF 7.00 für Next Day Evening Delivery
Rückgabe: 30 Tage Rückgaberecht; Retouren sind kostenlos

 

(Alle Beispiele Stand Dezember 2016.)

Im Onlinehandel gibt es zwei Knackpunkte: das Liefertempo und der Preis. Für schweizerische Onlinehändler stellt der erste Punkt (Liefertempo) einen Vorteil dar, beim zweiten Punkt (Preis) können sie in gewissen Bereichen (der Produkte) nicht mithalten. Der Vorteil für schweizerische Onlinehändler liegt somit in der Logistik: Dies aus dem Grund, dass sie geographisch deutlich näher am Kunden sind. Der Computer-Händler STEG bietet seit April 2016 per Pizza- und Velo-Kurier eine Lieferung der bestellten Waren noch am selben Tag an. Dieser 24-Stunden-Service wird bald zum Standard werden. Die Kunden erwarten eine flexible Belieferung der bestellten Waren, d.h. auch eine Abend- oder Samstagsbelieferung, eine Pick-up-Lösung oder eine Kofferraumlogistik-Lösung. Dabei wünschen die Kunden eine klare Aussage zur Lieferverfügbarkeit und zum Lieferzeitpunkt. Heute und zukünftig reicht der bezeichnete Liefertag nicht mehr aus. Kunden erwarten exaktere Angaben, gemäss Studien sollen diese bis auf eine Viertelstunde genau sein. Es ist zu erwarten, dass in absehbarer Zeit die Onlineshops bei der Bestellaufgabe gleichzeitig das exakte Lieferdatum, die Lieferzeit sowie den Abgabeort angeben können. Einige Onlineshops (LeShop) bieten bereits heute eine erweiterte Lieferform an, in grösseren Städten sind es bis zu fünf verschiedene Zeitfenster am Abend, zwischen welchen der Besteller wählen kann.

Der Umsatz aller Online-Shops belief sich in der Schweiz im 2016 auf über CHF 8 Mia (Quelle: VSV/GfK 01.03.2017). Die Rangliste* der wichtigsten Online-Shops sieht wie folgt aus (*= die Rangliste und die Umsatzzahlen sind mit vorsichtig zu verwenden, da nicht alle Umsatzwerte im Detail veröffentlicht werden):

Die Top 12 Online-Shops in der Schweiz:

Digitec (Migros)
Zalando
Amazon
Nespresso
Brack
LeShop (Migros)
Microspot (Coop)
Aliexpress
Coop@home
Galaxus
Ex Libris (Migros)
Nettoshop
602,0 Mio. CHF
534,0 Mio. CHF
475,0 Mio. CHF
358,3 Mio. CHF
247,5 Mio. CHF
182,1 Mio. CHF
181,0 Mio. CHF
130,0 Mio. CHF
129,0 Mio. CHF
102,0 Mio CHF
72,5 Mio. CHF
72,2 Mio. CHF

 

Die Top 10 Online-Shops in Deutschland:

Amazon.de
Otto
Zalando
Notebooksbiller.de
Bonprix
MediaMarkt
Cyberport
Conrad
Tschibo
Alternate
8‘122,9 Mio €
2‘743,4 Mio €
1‘121,8 Mio €
706,0 Mio €
586,6 Mio €
532,8 Mio €
517,4 Mio €
471,8 Mio €
450,0 Mio €
432,4 Mio €

 

Die Top 10 Online-Shops in Österreich:

Amazon.at
Zalando
Universal
Otto
Amazon.com
e-tec.at
Tschibo
Electronic4you
MediaMarkt
Cyberport
556,0 Mio €
174,3 Mio €
111,1 Mio €
71,5 Mio €
63,8 Mio €
50,9 Mio €
50,0 Mio €
48,0 Mio €
42,9 Mio €
40,0 Mio €

Quellen: Statista

 

Veränderung im Online-Handel

Wie in den anderen Bereichen wird auch der Verkaufsprozess der Onlinehändler noch schneller und flexibler werden. Kunden können heute mittels Smartphone von überall aus auf die entsprechenden E-Plattformen zugreifen und je nach Lust, Laune und Verfassung Produkte bestellen. Zukünftig wird auch mit dem jeweils aktuellen Standort des Kunden gearbeitet, d.h., es wird überprüft, wo der Kunde aktuell ist. Daraus ergeben sich für die Zustellung der Online-Händler, aber auch für allfällige Retouren ganz neue Möglichkeiten. Heutzutage sind zudem das Angebot und die Nachfrage nicht optimal aufeinander abgestimmt. So sind z.B. über 80 Prozent der Mode-Produkte dezentral irgendwo in Läden verteilt verfügbar. Der Kunde ist jedoch online unterwegs. E-Plattformen werden zukünftig versuchen, das Online-Angebot und das stationäre Angebot zusammen zu bringen, so dass auch Ware in lokalen Läden digital auffindbar (kaufbar) wird. E-Plattformen werden somit Kooperationen mit dem stationären Handel eingehen. So muss ein Produkt nicht mehr aus einem zentralen Lager an den Bestimmungsort versandt werden, sondern kann aus dem nächsten Verkaufsgeschäft geliefert werden. E-Plattformen werden so das Angebot und die Nachfrage viel effizienter zusammenfassen.
Mit diesem neuen Ansatz werden sowohl die grossen E-Plattformen, wie auch der lokale Detailhandel/Einzelhändler profitieren.

Preisbildung im Online-Geschäft

In vielen Online-Shops variieren die Preise der angebotenen Produkte / Dienstleistungen je nach Tageszeit, Wochentag, verwendetem Endgerät (des Nutzers), Kunde (Kundenprofil), Herkunft der Anfrage oder der aktuellen Nachfrage nach dem Produkt im entsprechenden Shop. Die Nutzer und Kunden haben sich dieser Situation noch in den wenigsten Fällen wirklich angepasst, als Konsument ist man sich einer einheitlichen und beständigen Preisbindung gewohnt – so u.a. in regulären klassischen Verkaufsgeschäften (Detailhandel, Fachgeschäft oder Einzelhandel). In diesen werden die Waren mit einem Preisschild, sowohl im entsprechenden Regal oder direkt auf dem Produkt, gekennzeichnet. Damit sind die dort gekauften Produkte für jeden Konsumenten gleich teuer.

Im Internet-Handel ist dies jedoch bereits heutzutage nicht mehr der Fall. Möglicherweise realisieren dies die Konsumenten oder der User am ehesten noch bei Reiseangeboten, wie Flugreisen, Hotelangebote, Mietwagen oder Tickets. Je nach Zeitpunkt (Tageszeit, Wochentag) erhält der Kunde unterschiedliche Preise für die gleiche Reise angeboten. Auch und besonders das verwendete Endgerät wird für die Preisbildung (Angebot) herangezogen, so ist es gut möglich, dass ein User mit dem neusten iPhone höhere Preise bezahlen muss, als jemand, der sich mit einem alten Windows-Laptop die identischen Produkte anschaut.

Wie bereits ausgeführt, gilt die Flugreise-Branche mit den verschiedenen Airline-Anbietern als Vorreiter dieser Bewegung. Je nach Tageszeit, Wochentag und der aktuellen Nachfrage der angefragten Destination ändern sich die angebotenen Preise der Flüge. Dieses Prinzip haben viele Online-Shops und Händler übernommen. So passt z.B. Amazon seine Preise laufend den Gegebenheiten an. Der Konsument und Nutzer sollte sich die folgenden Tricks zu Nutze machen, um bei der dynamischen Preisbildung mithalten zu können:

  • die entsprechenden Preise sollten verglichen werden, d.h. die nachgefragten Produkte und Dienstleistungen sollten je nach Portal, Gerät oder Tageszeit überprüft werden, oder man verwendet spezialisierte Preisvergleichs-Portale, wie z.B. preisvergleich, toppreise oder pricezombie.
  • die dynamischen Preise werden aufgrund des Endgerätes bestimmt, deshalb sollten unterschiedliche Endgeräte verwendet werden (App <-> Browser oder PC <-> Mac <-> Smartphone)
  • der Zeitpunkt (Tageszeit, Wochentag, weit im Voraus) ist bedacht zu wählen, denn oft sind die Preise abends oder am Wochenende höher (wenn viele Nutzer im Web sind) – idealer ist am Morgen und werktags.
  • Webshops versuchen, den Nutzer und Konsumenten einem klaren Profil zuzuordnen. Hierbei nutzen die Shops Cookies (die das Bewegungsprofil eines Nutzers im Web erfassen, gesuchte Begriffe oder den Verkauf dokumentieren). So können z.B. die Algorithmen des Web-Shops feststellen, ob sich der Kunde mehrmals für eine bestimmte Destination (bei einer Flugreise) interessiert hat – und dies lässt den Rückschluss zu, dass der Kunde die Destination anfliegen möchte und deshalb auch bereit ist einen höheren Preis zu bezahlen. Um dem Web-Shop (Anbieter) weniger Informationen über seine Absichten zu liefern, sollten regelmässig der Cache-Speicher und alle Cookies gelöscht werden, oder man surft im Inkognito- oder im privaten Modus. Weiter lassen sich für dieses Belangen auch Erweiterungen wie NoScript, CyperGhost, ScriptSafe oder Disconnect installieren.
  • Sucht man vorab das Produkt oder den Begriff über eine Suchmaschine (wie Google) und landet man via Werbung (Banner-Anzeige) in einem Webshop, erhält man meistens einen tieferen Preis, als wenn man durch eine Direkteingabe im entsprechenden Shop zum Produkt gelangt.

In Europa und in der Schweiz sind dynamische Preisbildungen noch nicht bei allen Webshops angekommen. Es wird jedoch nur eine Frage der Zeit sein, dass diese Möglichkeiten auch von hiesigen Anbietern genutzt werden.

Die dynamische Preisbildung wird aber auch in ganz anderen Bereichen Einzug halten, so werden wir wohl bald auch in Supermärkten mit dauernd wechselnden Preisen oder Aktionen, die nur für wenige Stunden gültig sind, konfrontiert werden.

Wie die NZZ am Sonntag vom 23.10.2016 berichtet hat, wollen Migros und Coop neu personalisierte Preise einrichten. Denn mit persönlich auf Kunden zugeschnittenen Rabatten können Händler den Ertrag um 8 bis 10 % steigern. Migros (2,8 Mio. Cumulus-Karten) wird dies mit individuellen Rabattbons (Cumulus-Bons) pro Konsumenten bewerkstelligen. Coop (3,2 Mio. Supercards bei rund 3,6 Mio. Haushalten in der Schweiz, Stand Oktober 2016) wird möglicherweise mit einem ähnlichen System von individualisierten Rabattbons nachziehen.

Je nach Produkt und Datenhistorie (Big Data) wird dem Kunden beim Kauf ein Rabatt-Bon vorgeschlagen, oder eben nicht. Kunden, die zur gleichen Zeit ein Produkt im Geschäft erwerben, erhalten auf diese Weise unterschiedliche Einkaufspreise. Damit dies möglich ist, werden die bisherigen Einkäufe durch die Detailhändler mit der jeweiligen Kundenkarte im Detail analysiert (Kaufzeitpunkt, Frequenz, Produkteart, Intervall und Produktpreis – Aktion oder Regulär) und durch Algorithmen Wahrscheinlichkeiten von Kaufentscheidungen berechnet. So teilt Migros ihre Cumulus-Mitglieder neu in 154’000 Segmente auf (von ehemals 44 Segmenten), dies ergibt bei 2,8 Mio. Cumulus-Mitgliedern noch durchschnittlich 18 Kunden pro Segment. Beinahe schon eine kundenindividuelle, persönliche Segmentierung. In einigen Jahren wird dies aufgrund der Digitalisierung für den einzelnen individuellen Kunden möglich sein – also die Beratung, die Betreuung, das Angebot (Aktion) und die Erkennung wie im Tante-Emma-Laden, einfach im Gross-Supermarkt. Damit man den Kunden noch besser erkennt und versteht, wird Migros in Zukunft die Daten sowohl aus den Supermärkten, wie auch aus Fitness- und Gesundheitscentren oder Reisebüros heranziehen.

Das «Personal Pricing», das ja bereits bei Airlines oder Hotelbuchungsplattformen Anwendung findet, wird somit auch in diesem Bereich eingeführt werden. Die Preisakzeptanz des Konsumenten pro Produkt/Warengruppe wird so mittels Big Data (verwendetem Endgerät, Einkaufsverhalten oder anderen Datenwerten) und den dahinterstehenden Algorithmen errechnet. Aufgrund dieser Preisakzeptanz erhält der Konsument dann seine individuellen Cumulus-Bons, die je nach Segmentierung für das gleiche Produkt völlig unterschiedlich gross sein können. Dabei wird vor allem der Detailhändler profitieren, denn bei weniger preissensitiven Konsumenten muss der entsprechende Preisrabatt nicht so gross ausfallen, wie bei Konsumenten, die äusserst preissensitiv sind.

Dadurch können die Detailhändler auch die regulären Aktionen reduzieren, da kundenbezogene Aktionen nur bestimmten Gruppen angeboten werden. Dem Kunden wird dadurch der Preisvergleich zwischen den verschiedenen Händlern erschwert, einerseits, weil er die Errechnung seines Rabattbons nicht nachvollziehen kann und andererseits, weil ihm möglicherweise der Rabattbon erst vor Ort im Geschäft auf sein Smartphone übertragen wird. Möchte man als Konsument den Datenschutz der eigenen (Konsum-)Daten gewährleistet haben, bedeutet dies ein Verzicht auf solche Kundenkarten (Kundenbindungsprogramme), die aber auch dazu führen, dass man so als Konsument sicherlich am meisten bezahlt und am wenigsten von Rabatten, Rückerstattungen und Vergütungen profitiert.

Detailhandel /Retail 2.0

Auch der klassische Detailhandel spürt die Digitalisierung immer stärker. So haben in den vergangenen Jahren Self-Scanning, Self-Check-out oder digitale Preisschilder (die von Papier-Preisetiketten kaum mehr unterschieden werden können) im schweizerischen Detailhandel Einzug gehalten. Wie in vielen anderen Branchen ist dies erst der Anfang der Digitalisierung.
Folgende Entwicklungen sind bereits heute, im Jahr 2016, absehbar. So wird sich die Navigation im Verkaufsgeschäft stark verändern, einerseits kann sich der Kunde durch das Verkaufsgeschäft führen lassen und andererseits werden den Kunden im Laden viel mehr Informationen über die Produkte zur Verfügung gestellt, sei dies mit dem eignen Smartphone, über grosse Bildschirmanzeigen, oder über den Scanner. Die Informationen können, müssen aber nicht, zwingend genutzt werden. Die Technologie wird dabei ein Hilfsmittel sein, um den Kunden in seinem individuellen Tagesablauf zu unterstützen. Deshalb werden neben den heutigen klassischen Detailhandelsgeschäften (Food und Nearfood) weitere Pick-up-Stationen (Abholstellen) eingerichtet werden, an denen für den Kunden auf dem Weg von A nach B (z.B. für Pendler) die gewünschten und bestellten Waren abholbereit sind.

So hat Coop im Herbst 2016 an der Autobahnraststätte Würenlos für die Autopendler ein entsprechendes Abholsystem erprobt. Der Kunde bestellt über Coop@home seine Einkäufe während des Tages und kann auf der Rückfahrt von seinem Arbeitsort die bestellten Produkte während eines kurzen Halts abholen. Migros hat ein ähnliches System mit «PickMup» aufgebaut, welches aber vordererst auf bestimmte (reguläre und bereits vorhandene) Verkaufsgeschäfte aufgebaut ist. So lassen sich die benötigten Produkte vorbestellen und effizienter an einem individuell fixierten Verkaufsort abholen. Weitere solche Pick-up-Stationen, auch marken- und detailhandelsunabhängige Pick-up-Stationen, werden überall entstehen. Die Standorte werden vor allem an Kontenpunkten oder hochfrequentierten Abschnitten liegen, wie z.B. an Bahnhöfen, Autobahnraststätten, Tankstellen, Flughäfen oder Convenience-Shops.

Auch zukünftig werden die aktuellen Werte im klassischen Food-Detailhandel, wie die Frische, die Qualität der Produkte und die handwerkliche Leistung (z.B. frische Brotherstellung) matchentscheidend sein. Dabei wird der Kunde aber mit neuen digitalisierten Leistungen unterstützt, so werden wir in den nächsten 5 bis 10 Jahren mit der Virtual-Reality-Brille einkaufen und dabei gleichzeitig das Kochrezept verfügbar haben, oder den Inhalt unseres Kühlschranks angezeigt erhalten (der Kühlschrank mit Kamera ist bereits heute Realität).

Der schweizerische Detailhandel befindet sich in einem grossen Umbruch, so schätzt die Credit Suisse in einer Studie, dass bis zum Jahr 2028 rund ein Drittel der 50‘000 klassischen Detailhändler schliessen muss. Dies wären immerhin rund 16’000 Geschäfte. Zieht man das Jahr 2015 als Beispiel heran, so sieht man bereits die ersten Anzeichen:

  • Jeans & Co hat alle zwölf Filialen geschlossen und über 100 Kündigungen ausgesprochen
  • Companys hat Insolvenz angemeldet und zwölf Filialen geschlossen, neun Filialen und Standorte konnten an einen dänischen Konkurrenten verkauft werden
  • Paul Kehl hat seine drei Häuser aufgelöst
  • das Modehaus Jamarico mit zwei Läden gab nach 30 Jahren auf
  • Möbel Hubacher wurde an den Konkurrenten Pfister verkauft
  • die Schuhkette Bata hat fünf Läden geschlossen, der Mitbewerber Pasito sogar vierzehn Läden
  • die Modeanbieter Tally Weijl und Chicoree haben je zehn Geschäfte geschlossen
  • die Kleiderkette PKZ hat vier Geschäfte geschlossen
  • und dann gibt es noch die unzähligen kleineren Detailhändler, wie Sportfachhändler, Buchhändler und Einzelfachhändler die ihren Laden schliessen müssen

Auch in den Shoppingcentern ist diese Entwicklung spürbar, so straffen die meisten Detailhändler/Retailer ihr Filialnetz.
2015 wurde dieser Prozess möglicherweise durch die Frankenstärke und die schlechte Konsumentenstimmung richtiggehend angestossen, zusätzlich und erschwerend kommen die reaktiv hohen Ladenmieten hinzu (die in den Jahren zuvor für Toplagen richtiggehend explodiert sind).

Dies alles hat den Online-Handel befeuert. Einerseits mit neuen schweizerischen Online-Shops, andererseits aber auch denjenigen der vorhandenen globalen Marktplayer. Deshalb ist es nicht überraschend, dass der schweizerische Detailhandel im gesättigten Schweizer Markt Marktanteile ans Ausland oder an die Online-Shops verliert. So hatten Schweizer Konsumenten im Jahr 2015 bereits für CHF 11 Mia. im Ausland eingekauft. Multimarkengeschäfte, kleinere Ketten und das Mittelpreissegment stehen dabei am meisten unter Druck.

Der schweizerische Detailhandel wähnte sich aber möglicherweise auch zu lange in falscher Sicherheit. Denn seit 2013 läuft das klassische Ladengeschäft abseits der Toplagen immer schlechter, ausserhalb der Städte sterben viele Shops weg und nehmen so den Kunden den Reiz, überhaupt dort hinzugehen. Auf diese Weise kommt eine Negativspirale in Gang. Zusätzlich agieren die meisten Online-Shops mit aggressiv kalkulierten Preisen, mit denen die klassischen Detailhändler nicht mithalten können. Die kleineren klassischen Detailhändler kommen dadurch unter grossen Druck, der Absatz der Produkte sinkt (der Markt ist gesättigt), die Fixkosten bleiben dabei aber gleich hoch, somit wird es immer schwieriger, überhaupt auf eine schwarze Null zu kommen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Kunden noch preissensibler einkaufen als in der Vergangenheit. Viele Detailhändler dachten bis anhin, dass sperrige und grosse Güter (wie Möbel) oder Frischprodukte nicht im grossen Stil online verkauft werden können. Dies war auch der Grund, dass viele Detailhändler in den letzten Jahren grosse Beträge in neue Shop-Konzepte, Ladeneinrichtungen und den Umbau der Verkaufsflächen investiert hatten, jedoch nicht in die neuen digitalen Technologien.

Dabei stellt sich heutzutage eher die Frage, ob der zukünftige Kunde eine Produktegattung eher on- oder offline einkauft. Täglich kommen neue Produkt-Kategorien im Online-Marktplatz hinzu, auch von Produkten, von denen man dies nie erwartet hätte. Und die Entwicklung wird weitergehen. Unsere Gesellschaft wird immer technikaffiner, was sich bei den Digital Natives deutlich zeigt. Diese technikaffine Kundschaft wird bis zum Jahr 2020 die Mehrheit der Konsumenten stellen, wie eine Studie von PricewaterhouseCoopers zeigt. Bis dann in vier Jahren werden die Online-Umsätze den dominanteren Bereich der Geschäfte ausmachen, aber so wie die Zukunft aktuell aussieht, wird eine Kombination zwischen Online und Offline das beste Verkaufsmodell sein. Dieses Modell wird als «Clicks and Mortar» (= eine Form des Multi Channel Retailing, bei der mind. ein elektronischer Absatzkanal (Click) und ein stationäres Verkaufsgeschäft (Mortar) vorhanden ist) bezeichnet. So baut Digitec als Online-Shop in der gesamten Schweiz eigene Show-Rooms und Verkaufsgeschäfte auf oder man erinnere sich an das Beispiel der «Amazon Books», welche im Februar 2015 an der «Purdue University» USA einen Shop eröffnete.

Diese Entwicklung ergibt für den stationären Handel grosse Chancen, insofern, dass die Möglichkeiten des Online- und des Offline-Business sinnvoll miteinander kombiniert werden. Verkaufsgeschäfte lassen sich als Pick-up Stationen oder als Rückgabe-Ort verwenden, aber auch ein physischer Kundendienst kann angeboten werden. Solche Filialen müssen nicht zwingend räumlich gross sein, denn die Produkte lassen sich an Terminals elektronisch vorstellen, der Kunde kann bequem auswählen und sich die Produkte danach nach Hause senden lassen. Impuls-Sortimente können sehr wohl vor Ort physisch ausgestellt werden. Im Vergleich zu Media Markt oder Saturn, bei denen alle Produkte in riesigen Verkaufsgeschäften (auf grosser Fläche) noch klassisch ausgestellt werden, bietet die neue Form deutlich tiefere Transaktionskosten (weniger Raummiete, weniger Personal, tiefere Lagerkosten, keine Ladendekoration oder keine Diebstähle). Anders ausgedrückt: Online-Handel benötigt viel weniger Fläche, Lagerbestand und Personal. Der britische Heimelektronik- und Haushaltswarenhändler Argos ist hierzu ein gutes Beispiel. Er hat seine 750 Filialen an Toplagen, diese sind durchgestylt (analog Apple-Stores) und haben keine oder nur wenige Produkte ausgestellt. Der Kunde wird von den Verkäufern fachkompetent beraten, die Ware wird per Tablet bestellt und danach innerhalb von 90 Minuten direkt nach Hause geliefert und dies im ganzen Land (England).

Im Modebereich ist Burberry das grosse internationale Vorbild. Der Modekonzern hat alle Verkäufer mit einem iPad ausgerüstet, auf denen der Verkäufer auf einen Blick alle Kundendaten verfügbar hat, so u.a. die Kleidergrösse, bisherige Einkäufe, persönliche Vorlieben (z.B. kulinarische Vorlieben, wichtig etwa für Events). Über das Tablet erledigt der Verkäufer auch den Check-out und mailt dem Kunden sogar den Kassenbon zu. Sollte ein Kleidungsstück nicht verfügbar (Grösse oder Farbe) sein, so wird die bestellte Ware dem Kunden am nächsten Tag an die gewünschte Adresse zugestellt. Bereits 22,5 Prozent des Jahresumsatzes 2015 erwirtschaftet der englische Konzern online am Verkaufspunkt. Burberry als Traditionsmarke hat den Wandel von Offline zu Online erfolgreich vollzogen und bietet dem Kunden echte Mehrwerte.

In den brasilianischen Filialen von C&A informiert der Kleiderbügel die Kunden mittels eines elektronischen Zählers darüber, wie viele «Likes» das entsprechende Produkt auf Facebook bekommen hat – dies bietet im Social-Media-Zeitalter eine Entscheidungshilfe.

So werden heutzutage aber auch andere Gadgets eingesetzt, wie z.B. elektronische Spiegel, die aufzeichnen, was man anprobiert, mittels Facetime können zudem Freunde oder Partner ihr Urteil zum Kleidungsstück abgeben. Selbstverständlich kann der elektronische Spiegel auch das gleiche Kleidungsstück in einer anderen Farbe oder einem anderen Muster anzeigen.
Der klassische, traditionelle Retailer, mit den bestehenden Strukturen, Organisationsformen und Lieferservices, kommt vielfach bereits mit dem Aufbau und der Verzahnung (mit dem bisherigen Geschäft) eines E-Commerce-Systems an den Rand seiner Ressourcen. Deshalb besinnen sich viele Detailhändler lieber auf ihre alten Stärken und bauen jene Bereiche aus, die online kaum abzudecken sind. Dies sind der direkte Kundenkontakt und das (möglichst emotionale) Einkaufserlebnis. Um dies zu erreichen, muss der Detailhandel mehr Erlebnis bieten, so könnten in den Verkaufsgeschäften z.B. am Abend Modeschauen durchgeführt werden, der Shop wandelt sich zu einem Club, Künstler treten auf, Vernissagen locken Kunden – anders ausgedrückt: das Verkaufsgeschäft übernimmt weitere Funktionen und macht es dadurch zu einer attraktiven Begegnungszone. Manor hat mit einem neuen Ladenkonzept (inkl. einem Online-Konzept) diesbezüglich bereits entsprechende Erfahrungen gemacht, zwischen den Regalen finden Tanzvorführungen oder auch Yoga-Kurse statt, oder man erlernt live im Shop, wie man Mozzarella herstellt. Für den Umbau hat der Schweizer Warenhauskonzern mit seinen 64 Filialen rund eine halbe Milliarde Franken investiert. Das Ziel bestand darin, den Kunden vermehrt ins Zentrum zu stellen, Online (Web) und Offline (Filiale) zu verbinden und gesamthaft den Marktanteil zu steigern. Dabei soll das Online-Geschäft neu 5 bis 10 % des Gesamt-Umsatzes generieren.

Verkaufsläden werden zu Erlebnisorten
Der Wert «Erlebnis» hat in den letzten Jahrzenten weiter an Bedeutung hinzugewonnen. Daraus lässt sich für den Detailhandel ableiten, dass die Verkaufsgeschäfte zum Medium werden, an dem weniger der Verkauf von Produkten im Vordergrund steht, sondern entsprechende Erlebnisse für die Kunden. Dabei wird auch ein Umdenken im Bereich der Erfolgskontrolle stattfinden, so wird das Geschäft nicht mehr am Umsatz gemessen, wie dies bis anhin geschieht, sondern an der Anzahl Besucher, der Aufenthaltsdauer, oder anhand der Produkte, die angeschaut, aus- oder anprobiert werden. Die Produkt-Hersteller werden den Händler dann nach Anzahl der vermittelten Eindrücke, Kontakte, Gespräche oder Aktivitäten bezahlen. Der Händler kann sich von seinen Mitbewerbern nur noch durch Erlebnisse abheben.

Allen Detailhändlern, die sich dieser neuen Situation nicht stellen, wird das gleiche Schicksal wie der Taxi- oder der Hotelbranche zuteil – sie werden wegdigitalisiert. Instacart, ein US-Lieferdienst, funktioniert bereits nach diesem Schema und gleicht daher eher einer Softwarefirma. Dabei ist Instacart ein Händler ohne Ware/Produkte. Die Kunden bestellen Produkte per App, die danach von unabhängigen Einkäufern zusammengetragen und innerhalb einer Stunde ausgeliefert werden. Mit so viel Flexibilität und derart niedrigen Fixkosten kann kein anderer Händler aufwarten. Sollte sich dieses Geschäftsmodell im grossen Stil durchsetzen, geraten alle klassischen Detailhändler unter grossen Druck.

Die bereits sichtbare Konsolidierung wird in allen Industrieländern weitergehen. Austauschbare Konsumgüter-Produkte ohne emotionalen Hintergrund werden es dabei schwerer haben, sich zu behaupten, als Produkte aus dem Bereich der Luxusgüter, wie Schmuck, Uhren, Kosmetik, Delikatessen oder Parfüm. Bei diesen Produkten können während des Einkaufs emotionale Werte mittransportiert werden, wie beispielsweise ein bestimmtes Lebensgefühl.

Logistik 4.0

Der Begriff «Logistik 4.0» wird im Zusammenhang mit der «Industrie 4.0» verwendet und stammt aus der Theorie zur vierten industriellen Revolution, welche die Vernetzung vom Virtuellen zum Materiellen meint. Die Logistik ist jedoch heute schon um einiges weiter entwickelt als die «Industrie 4.0».


Generell steht die Entwicklung hin zur Industrie 4.0 in der Produktion noch ganz am Anfang – vielfach ist es heute nur ein Schlagwort, und die wenigsten Unternehmen haben ihre Produkte schon intelligent oder smart gemacht. In der Logistik ist man da schon deutlich weiter, so ist die weltweite Warenverfolgung im Supply Chain bereits bei vielen Transportunternehmen smart, d.h., die smarte Logistik steuert und optimiert die Bestände selbstständig. Dadurch ist sichergestellt, dass man jederzeit weiss, wo welche Produkte verfügbar sind und die Produktion nie out-of-stock ist. Aber auch in der Logistik 4.0 ist noch nicht alles ausgeschöpft, insbesondere im Bereich der cyberphysischen Systeme besteht noch viel Potential.
Darunter versteht man, dass jedes Teil, bzw. Produkt, das produziert wird, eine Intelligenz erhält, so dass das Produkt selbst entscheidet, auf welcher Produktionsanlage es als nächstes bearbeitet wird. Das Produkt entscheidet somit selbstständig über den besten Weg und je nach Maschinenverfügbarkeit über seine Herstellung. Eine Produktion, die gemäss der Industrie 4.0 aufgestellt und somit eine integrierte Produktion ist, spart Entwicklungszeit, Material, Lagerhaltung und Transport. Damit dies möglich wird, sollten die folgende Anforderungen im Bereich der Logistik 4.0 erfüllt sein:

  • Virtualisierung der Dinge: Alle Teile müssen eine Datenlage aufweisen: was, wo, wie viel, Zustand oder Lage.
  • Neue Produktions-Abläufe: Die klassischen Lager und Puffer als mögliche Kontrollpunkte entfallen
  • Neue Steuerungs-Hilfsmittel: Die klassischen Steuerungsmöglichkeiten, wie AVOR, PPS etc. entfallen, hierzu bedingt es einen neuen Ansatz der IT, mit einer Abkehr aus den zentral aufgebauten IT-Systemen.

Dabei wird die industrielle Produktion durch die zwei folgenden Treiber angefeuert:

  • additive Manufacturing (3D Druck)
  • die Möglichkeiten der zukünftigen IT-Lösungen, dabei bietet die verteilte dezentrale Intelligenz entscheidende Vorteile

Logistik 4.0

Heutige klassische Logistikansätze werden durch zentrale Organisation (Menschen und Software) und eine zentrale Verteilung (Lager, Feinverteilung) bewerkstelligt. Logistik 4.0 führt zu einem dezentralen Organisationsbau, bei dem die entsprechenden Produkte und Güter durch sich selbst organisierend gesteuert werden. Die Logistik 4.0 benötigt eine vernetzte, dezentrale Echtzeit-Intelligenz, denn durch die Komplexität der zentralen Steuerungssysteme steigt die Fehleranfälligkeit exponentiell an. Zentrale Steuerungssysteme werden deshalb schon sehr bald an Bedeutung verlieren. Im Internet der Dinge werden die entsprechend verbauten Sensoren eine unglaublich hohe Anzahl an Echtzeit-Daten generieren, die ein Abbild der Realität (Wirklichkeit) darstellen. So liefert heute ein «Track and Trace»-System (= Strecke und Spur) eines Transportcontainers bereits Informationen über den aktuellen Ort, die zurückgelegte Strecke, die Temperatur oder die Stellung der Türen (geöffnet, geschlossen).

Wie die Praxis zeigt, ist eine verteilte (künstliche) Intelligenz ein robusteres und schnelleres System, um rasch gute Entscheidungen vor Ort zu treffen. Zentralistische Systeme (auch Führungssysteme) sind zu wenig flexibel, um den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden, denn Kunden erwarten schnellste, auf ihre Bedürfnisse angepasste und zugeschnittene Leistungen. Die Steuerung muss deshalb auf den Wettbewerb ausgerichtet sein. Dies ist nur durch eine vernetzte und dezentrale Intelligenz mit eingebetteten Echtzeitdaten möglich. Heutige Systeme aktualisieren die Daten meistens noch über Nacht, fällt aber eine Maschine oder ein Transportsystem aus und/oder entsteht eine andere Verspätung, so wird die gesamte Planung und Steuerung beeinträchtigt. Heutige Kunden erwarten umgehend eine Reaktion des Lieferanten über die aufgetretenen Konsequenzen, am besten direkt umgehend per SMS auf das entsprechende Kunden-Handy. Dabei sollten die entsprechenden Systeme sofort auch intelligente Lösungsvorschläge unterbreiten.

Flexibilität, als einer der Megatrends, treibt dabei diese Entwicklung zu Industrie und Logistik 4.0 an. Heutige Systeme sind jedoch noch nicht in der Lage, die gewünschten Strukturen und Punkte abzubilden, ein flächendeckender Einsatz solcher cyber-physischen Systeme wird bis ca. 2025 realisierbar sein. Die Gründe für die Verzögerung dieser Entwicklung liegen in den heutigen, noch schwerfälligen IT-Systemen, dem hohen Investitionsbedarf, aber auch dem aktuellen Ausbildungsstand der Mitarbeiter.

Künstliche Intelligenz im Marketing

Selbstlernende Systeme werden über kurz oder lang auch im Marketingbereich eingesetzt werden. Wir haben uns an die Diskussionen und Realisierungsmöglichkeiten von selbstfahrenden Fahrzeugen oder Robotern (smart-home-Ansätze) im Haushalt gewöhnt. Aber auch das Marketing, wie viele andere verwaltungstechnische Arbeiten, werden alsbald von einer Automatisierung und Digitalisierung betroffen sein. Insbesondere die künstliche Intelligenz wird den ganzen Analysebereich (Marktforschung) und die Kommunikation (Online, wie auch klassische Werbemittel) verändern. Nachstehend einige Möglichkeiten, die durch die künstliche Intelligenz im Bereich Marketing denkbar und realisierbar sind:

  • Marktforschung
    Die gesamte klassische Marktforschung, d.h. die Befragung von Kunden, Konsumenten und Interessenten, wird automatisch möglich sein. Dabei geht es weniger um die Erhebung (die bereits heute vielfach automatisiert ist), sondern um die Auswertung und Interpretation der erzielten Resultate. Durch die Analyse der Daten und durch die daraus erfolgte Ableitung von Mustern können bestimmte Vorhersagen getroffen werden. Das Machine Learning lässt das System während dieses Prozesses von Befragung zu Befragung laufend intelligenter werden, da die Maschine die gewonnenen Erfahrungswerte selbstständig verarbeitet.
  • Zielgruppengerechtere Kommunikation
    Durch eine umfassende, automatisierte Analyse durch die künstliche Intelligenz lässt sich im Marketing eine deutlich zielgruppengerechtere Kommunikation (Online, aber auch klassische Werbung) anbieten. Unter zielgruppengerechterer Kommunikation versteht man passendere, effizientere, personalisiertere, Mehrwert stiftende Kommunikation (Werbung).
    Im Bereich des Display Advertising wird das Data-Driven Display Advertising bereits heute an vielen Stellen durch künstliche Intelligenz gestützt. Der Programmatic Buying Prozess ist hierfür ein gutes Bespiel, dieser Prozess berechnet, welche Werbeflächen am lukrativsten sind für die Werbungkunden und überprüft in Sekundenbruchteilen die bestmögliche Variante. Dabei ist die Effizienz matchentscheidend. Aber auch im Bereich des Targetings kommt künstliche Intelligenz zum Einsatz. Beim Targeting geht es darum, die Nutzer zu finden, für die ein Werbemittel konzipiert wurde (Programmatic Creative). Im Voraus werden die entsprechenden Merkmale des Users gesammelt, um ihm so die exakt richtige Kommunikation auszuliefern. Dabei geht es immer darum, die eigene Relevanz der Kommunikation zur Zielperson zu erhöhen – also um eine bestmögliche Zielgruppen-Überdeckung der Werbebotschaft zum User.
    Die künstliche Intelligenz kann aber auch verwendetet werden, um verdächtige Impressionen (Ad Fraud) von effektiven Usern zu unterscheiden und so eine deutlich exaktere Auswertung/Statistik einer Kampagne zu ermöglichen.
  • Social Media Marketing
    Chatbots sind textbasierte Dialog-Kommunikationsplattformen im Bereich der mobilen Kommunikation, die automatisch auf direkte Textbefehle reagieren. Oder anders ausgedrückt: Ein Chatbot ist eine Technologie mit künstlicher Intelligenz, welche Unterhaltungen mit menschlichen Nutzern simulieren kann. Hiervon sind einige unterschiedliche Systeme als gegenseitige Konkurrenten im Markt unterwegs.
    Unternehmen nützen Chatbots als standardisierte, automatisierte Messenger, um die Kunden informiert zu halten. So können gesamte Kaufprozesse (z.B. bei Flugreisen oder beim Konsumgüter-Kauf) abgebildet und die Kunden über den jeweiligen aktuellen Status informiert werden. Kommuniziert der Kunde zurück, werden Chatbots für Standardfragen, Kommentare oder Hilfestellungen bereits heute erfolgreich eingesetzt. Die künstliche Intelligenz der Programme lernt dabei von den Fragen und den Fragearten, so dass sie mit jeder Fragestellung «cleverer» wird. Der User kann bald den Unterschied darin, ob ihm nun ein Mensch oder eine Maschine antwortet, nicht mehr feststellen. Diese künstliche Intelligenz wird auch auf den Dialog-Kommunikationsplattformen eingesetzt, also beispielsweise auf Facebook.
    Aber nicht nur Text wird von der künstlichen Intelligenz verwendet, sondern auch Bild- und Gesichtserkennung. Facebook ist hier schon sehr weit fortgeschritten, indem mittlerweile ganze Fotos entschlüsselt werden. Das sorgt einerseits für eine Verbesserung der Newsfeeds, findet aber auch direkt im Marketing Anwendung. Dabei werden die gesammelten Daten der User genutzt, ausgewertet und den Werbetreibenden auf diese Weise aufbereitet angeboten. Z.B. lassen sich so Ferienfotos mit Angeboten zu Reisen kombinieren.
  • Suchmaschinen Marketing
    Google ist der Vorreiter einer Suchmaschine mit künstlicher Intelligenz und die Konkurrenten ziehen hierbei nach. Seit einer geraumen Zeit ist RankBrain (Algorithmus-Bestandteil) bei Google für die Erstellung des Such-Rankings beteiligt, welches ein weitaus gezielteres Targeting für Werbetreibende in der Suchmaschinenwerbung ermöglicht. In Zukunft werden Suchanfragen auch mündlich gestellt werden können, somit erhält die Spracherkennung eine höhere Bedeutung. Mit den einhergehenden Fragestellungen kann auch kundenspezifisch Werbung geschaltet werden. Somit können die Systeme gesprochene Fragen von Nutzern verstehen und entsprechend für Werbung einsetzen. Für die eigene Webseite und ein SEO bedeutet dies, dass man nicht nur Key-Wörter platzieren muss, sondern ganze Antworten auf gestellte Fragekonstrukte.
    Dadurch erhält das SEO eine noch wichtigere Rolle. Die grosse Schwierigkeit für eine SEO wird aber die künstliche Intelligenz sein, da die notwendigen Kriterien für eine Optimierung nicht mehr durch Menschen geschaffen sind. Für ein Such-Ranking würde beispielsweise eine künstliche Intelligenz sehr viele Seiten einer Webseite mit einwandfreier Qualität gegen Seiten mit negativem User-Feedback vergleichen und dabei ermitteln, wie dies auf den Gesamtindex angewendet werden kann, um Webseiten bezüglich ihrer Qualität zu beurteilen. Heutige künstliche Intelligenz beruht in der Regel immer noch auf einer smarten Kombination von menschlicher Arbeit und selbstlernenden Systemen.
  • E-Commerce
    Im Online-Handel wird die künstliche Intelligenz schon länger gezielt verwendet, ein klassisches Beispiel sind die Produktempfehlungen, wie man sie z.B. von Amazon kennt. Dafür analysiert die Technologie im Hintergrund das Verhalten unzähliger User, um passende Artikel zu ermitteln, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die Bedürfnisse des Konsumenten befriedigen. Dies geht heute so weit, dass die Online-Händler Produkte an ihre Lagerzentren in die Nähe der Kunden senden, damit die Produkte schneller beim Kunden sind.
    Aber auch das Dynamic Pricing wird mit künstlicher Intelligenz gesteuert, dies je nach Informationslage und Verhalten des Kunden.
    In naher Zukunft werden die intelligenten Systeme für eine dynamische persönliche Einkaufserfahrung der Kunden sorgen. Neben Produktempfehlungen werden bei grossen Shops immer stärker Landingpages, Produktlistungen, individuelle Nachlässe, Serviceangebote und Verkaufspreise in Echtzeit den Wünschen und Bedürfnissen der Besucher angepasst. Grosse Online-Shops werden davon im besonderen Mass profitieren, da sie genügend Traffic (Verkehr) haben und die Systeme einfacher lernen und sich so laufend verbessern können.
  • Content Marketing
    Die künstliche Intelligenz wird die textliche Gestaltung übernehmen können und so entsprechende Vorschläge auch im Content Marketing übernehmen können. Bereits heute behelfen sich einige Unternehmen dieser Hilfe, indem Textoptimierungen über entsprechende algorithmische Routinen laufen gelassen werden. Content Marketing ist auch in diesem Bereich wichtig, d.h. für eine zielgenaue Streuung des Contents unabdingbar. Wie beim Display Advertising wird dieser Part zunehmend durch Algorithmen übernommen. Kategorienübergreifend ist hier ebenfalls die Content Recommendation zu nennen. Der passende Kontext ist dementsprechend wichtig.
    Predictive Marketing (= vorausschauendes Marketing) wird vermehrt im E-Mail-Marketing eingesetzt. Auf der Basis von Wahrscheinlichkeitsberechnungen bestimmt die künstliche Intelligenz den richtigen Moment, um ein spezielles Angebot zu versenden. Zudem werden einzelne Wörtern oder Satzstrukturen im Hinblick auf die Öffnungsraten analysiert und so können Mailings effektiver gestaltet werden.
  • Customer-Relationship-Management
    Die Kundendatenpflege wird für die Anwender einfacher. Eine künstliche Intelligenz kann Daten zusammenführen, diese analysieren und zusätzlich aufbereiten. Die Anwender können so stets die aktuellsten Daten der Kunden abrufen und erhalten so eine zusätzliche Unterstützung bei einer Kontaktnahme, Bestellung und Anfrage.
    So kann das CRM-System auch errechnen, wann eine erneute Kontaktaufnahme sinnvoll ist, oder wann dem Kunden ein spezielles Angebot unterbreitet werden sollte. Dies wirkt sich auch auf den Kundenservice aus, bei dem die künstliche Intelligenz vorhersagen kann, zu welchen Themengebieten und in welchem Stadium des Zyklus in der Servicesnutzung voraussichtlich Fragen auftreten. Das Unternehmen ist danach in der Lage, Ersatzteile und Ressourcen effizienter zu planen und zu managen.
    Als Erstes wurde die Optimierung von Zielgruppen für Marketingkampagnen mit künstlicher Intelligenz im Bereich CRM genutzt, dabei ging es um optimierte Verfahren zur Mustererkennung aus Kundendaten. Die Ergebnisse aus solchen Analysen werden in einem Scoring-Modell festgehalten, um die Kunden zu identifizieren, die am ehesten auf eine bestimmte Marketingaktion reagieren und daraus abgeleitet ein Produkt erwerben. Dabei verändert sich auch der Blickwinkel der Marketingverantwortlichen. Klassische Kampagnen verändern den Fokus von der Frage «Welche Kunden passen am besten zu meiner vorgegebenen Marketingkampagne?» neu hin zur Logik «Welcher Kunde benötigt zu welchem Zeitpunkt welchen Verkaufs- oder Marketinganstoss?». Als Basis dieser Modelle werden die jeweiligen Kundendaten (Big Data) und das angelegte Kundenprofil verwendet.
    Einer der grösseren Trends wird der voll autonome Einsatz der künstlichen Intelligenz im Zusammenhang mit dem CRM sein. Dabei geht es nicht «nur» (wie heute praktiziert) um die Bereitstellung von Informationen für die Kunden, sondern um die direkte Ausführung von Aktionen für den Kunden. Die eingesetzten Systeme werden autonom und werden nicht nur Empfehlungen anbieten, sondern zugleich die dahinterliegende Aktion des Verkaufs anzustossen. Das Internet of Things (= Internet der Dinge) wird dabei als starker Multiplikator für die weitere Entwicklung wirken und als digitaler Assistent für die Kunden echten Nutzen generieren.

Aufbau eines E-Commerce (= elektronischer Handel)

Um E-Commerce erfolgreich aufzubauen, benötigt es aus technischer Sicht vielfach eine Verbindung der unterschiedlichsten Softwares, die als Insellösungen in den Unternehmen vorhanden sind. Deshalb ist eine leistungsstarke Software vonnöten, welche die Bedürfnisse des Unternehmens und dessen Kunden effizient verarbeitet und verbindet. Der Erfolg hängt aber nicht nur von den technischen Hilfsmitteln ab, sondern zudem von mindestens zwei weiteren Faktoren: einer klaren Vision und konkreten Zielen.

In der Praxis wird immer wieder festgestellt, dass unter der Digitalisierung bloss ein E-Shop verstanden wird und diese Massnahme auch ohne Betrachtung einer Gesamtschau vorschnell realisiert wird. Um Erfolg zu haben, ist es aber dringlich, eine umfassende Analyse zu erstellen.

So sind die folgenden Fragen zu beantworten:

  • Über welche Absatzwege werden die Produkte/Leistungen heute im Markt angeboten?
  • Dient die E-Commerce-Lösung dem B2B (= Business-to-Business) oder dem B2C (= Business-to-Consumer)?
  • Welche Rolle spielt der Touchpoint (= Berührungspunkt) oder der Point of Contact (= POC, Kontaktpunkt)?
  • Welche Strategie verfolgen wir im angestammten Geschäftsmodell oder im stationären Handel?
  • Ist der stationäre Handel (wenn vorhanden) ins E-Commerce eingebunden (z.B. mit click and collect = klicken und abholen)?
  • Soll die E-Commerce Lösung im ERP-System (= Enterprise Ressource Planning) integriert sein oder ist es eine externe Insellösung?

Grundlagen

Unter E-Commerce wird der «elektronische Handel» verstanden. Dies sind geschäftliche Transaktionen, wie der Verkauf oder Kauf von Waren und Dienstleistungen. Die dabei ausgelösten Bestellungen werden gegen Bezahlung der Produkte/Dienstleistungen (u.a. Abonnemente, Verträge und Tickets) geliefert.

Bei Dienstleistungen spricht man auch von Digital Commerce.
Im digitalisierten Zeitalter können aber auch weitere Leistungen in digitaler Form, also per E-Commerce, abgewickelt werden – dies können elektronisch abgewickelte Geschäftsprozesse wie Offerten, Terminreservationen, After-Sales-Services (Kundendienst) oder E-Invoicing sein.

Kriterien zur Implementierung einer E-Commerce-Strategie

Hier stellen sich die folgenden Fragen:

  • Handelt es sich bei der E-Commerce-Strategie um ein neues oder um ein bestehendes Business?
  • Will das Unternehmen Bestandskunden oder Neukunden ansprechen?
  • Agiert das Unternehmen in einem besetzten oder freien Gesamt- oder Onlinemarkt?
  • Geht es um ein neues oder um ein etabliertes Produkt/Dienstleistung?

Im nächsten Schritt können verschiedenste Kriterien relevant sein:

  • Wie hoch sind die Einführungskosten und wie lange dauert die Umsetzung?
  • Welche Projektrisiken ergeben sich in einer bestehenden Systemlandschaft?
  • Welche internen Ressourcen und welches Know-how benötigt das Unternehmen?
  • Wie hoch sind die Betriebskosten für die E-Commerce-Systeme?
  • Wie hoch sind die variablen Kosten pro Verkauf?
  • Wie erhöhen wir die Flexibilität bezüglich Frontend / UX Prozessen?
  • Wie erhöhen wir die Flexibilität bezüglich Backend-Schnittstellen?
  • Was sind die Möglichkeiten der Skalierbarkeit in Bezug auf Benutzer / Verkäufe?
  • Wie kann die Abhängigkeit von Anbietern / Technologien reduziert werden?
  • Wie langlebig und nachhaltig können die einzelnen Systeme betrieben werden?

Aus den obigen, unternehmensspezifischen Antworten ergeben sich nun drei weitere Erfolgsfaktoren, die sich branchenübergreifend auf jedes E-Commerce-Modell anwenden lassen.

E-Commerce-Aufbau

  1. Flexibilität und Langlebigkeit

Für bestehende Geschäftsmodelle existieren häufig bereits Systeme und Prozesse, die Berührungspunkte mit dem E-Commerce haben. Dazu zählen Finanzen, Logistik, Marketing, oder die vorhandenen Absatzwege. Ist eine grobe Strategie bereits festgelegt, muss sichergestellt werden, dass alle Punkte, an denen der Kunde mit dem Unternehmen in Kontakt kommt (Touchpoints wie Smartphone, Tablet oder Desktop-PC), klar und CI-konform die Firma repräsentieren. Der Kunde soll ausserdem an allen Touchpoints wiedererkannt werden. Daten, Funktionalitäten und Prozesse sollten sich nicht überlappen, ansonsten drohen Doppelspurigkeiten.

Ein funktionales E-Commerce-Konzept ermöglicht die Integration aller benötigten technischen Komponenten. Eine gute Herangehensweise besteht darin, sämtliche Businessanforderungen zu modularisieren und in kleine Funktionsgruppen aufzuteilen. Dabei ist es wichtig, alle notwendigen Kundeninformationen zur Verfügung zu stellen. Die Gesamtsoftware soll in ihrer Komplexität reduziert sein, bestehende Software-Lösungen, wie z.B. ein PIM (= Product Information Management) oder ein CRM (= Customer Relationship Management) integriert sein.

Ein modularer Ansatz führt zu immer grösserer Flexibilität im gesamten System. Dabei ist aber auch auf die unterschiedliche Lebensdauer der Software-Komponenten zu achten, d.h. diejenige der Shop-Frontends-Darstellung beträgt wenige Jahre, diejenige eines ERP-Systems meistens mehrere Jahre (> 8 Jahre).

  1. Kundenwünsche/Kundenzufriedenheit

Die Anforderungen an Online-Shopsysteme sind hoch und sie wachsen ständig. Zu den wichtigsten Kriterien auf Kundenseite gehören:

  • Usability (= Benutzerfreundlichkeit)
  • Design
  • Sortiment
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Bezahlungsmöglichkeiten / Check-out-Prozess
  • Versand, Lieferung und Service
  • Gesamtzufriedenheit

Konsumenten achten dabei besonders auf ein grosses, umfassendes Sortiment, eine gute Warenpräsentation (Beschreibungen, Fotos, Videos, Rezensionen, ergänzte Informationen oder Anwendungsbeispiele), eine gute Beurteilung (der zu kaufenden Ware), einen störungsfreien Lieferprozess und einen übersichtlichen (und klaren) Warenkorb.

Der Eintritt in die Unternehmens- und Produktwelt muss dem Kunden so einfach wie möglich fallen, d.h. so wenige Klicks wie nur möglich benötigen und dies bei einer bestmöglichen Übersichtlichkeit. Eine professionell gestaltete Website inklusive einer übersichtlichen Startseite entscheidet von daher massgeblich über den Erfolg. Der Check-Out (Bestellungsabschluss) stellt in vielen Shops ein gewichtiges Kundenproblem dar. Kunden brechen vielfach im letzten Moment den Kaufprozess ab – nicht, weil sie das Produkt nicht kaufen wollen, sondern weil die angebotenen Zahlungsweisen nicht ihren Vorstellungen entsprechen. Aus Befragungen weiss man, dass Abbruch-Gründe z.B. folgendermassen lauten: «Ich habe kein Paypal-Konto», «ich habe keine Kreditkarte», «ich möchte nicht CHF 7.50 Lieferkosten bezahlen», «ich möchte nicht zusätzliche, ergänzende Kreditkarten-Provisionen bezahlen», «die Lieferfrist für meine Adresse ist länger» oder eine Reihe weiterer Punkte.

Zudem haben Serviceaspekte in den vergangenen Jahren aus Kundensicht deutlich an Bedeutung gewonnen. Servicekriterien, die über den reinen Kontakt zum Online-Shop hinausgehen, wie z.B. ein ausführlicher Servicebereich im Shop mit Ratgebern, Videos oder neuen, interaktiven Kontaktwegen sowie teilweise auch die mobile Web-Optimierung gehören derzeit noch nicht bei allen Shops zum Standard. Dies kann als Differenzierungsmerkmal eingesetzt werden.

  1. Personalisierung

Der heutige Konsument wünscht sich Qualität und einen einfachen, klaren Nutzen (Nutzen in Form von Produkte- oder Dienstleistungen-Werten – siehe auch Value Innovation) im Vergleich zu anderen Shops. Dafür sind einfache, gut strukturierte Funktionen im Bereich Check-out, Bezahlung, Lieferprozess (Sendungsstatus, Bestätigungsmail) notwendig. Aber auch übersichtliche und gut gestaltete Start- und Produktseiten sowie eine einfache Auffindbarkeit der entsprechenden Produkte mit klar definierten Produkteigenschaften und weiteren Informationen. Dem Konsumenten hilft es, wenn er zudem umfangreiche Informationen zu Versandoptionen, Bezahlmöglichkeiten oder dem Bestellprozess erhält. Wie im realen Leben auch, zählt der erste Eindruck und bestimmt massgeblich über das spätere Kaufverhalten.

Das Vertrauen, das der Kunde einem Online-Shop entgegenbringt, ist für das Unternehmen von sehr hohem Wert (im Bereich Image, Gütesiegel und Datensicherheit). Dabei können personalisierte Inhalte das Vertrauen erhöhen. Der Effekt wird zusätzlich verstärkt, wenn auch die einzelnen Touchpoints auf den Benutzer angepasst sind. Die Daten, die der Kunde dem Unternehmen mitteilt, müssen widerspruchsfrei und gut geschützt in den Datensatz im CRM einfliessen. So können Interessen, Profildaten, Demographie und Lokalität genutzt werden, um noch individueller auf den Käufer einzugehen. Interaktionen werden schneller, einfacher und konsequenter und erhöhen zusätzlich die Kundenzufriedenheit und die Wahrscheinlichkeit, dass dieser nochmals in diesem Shop einkauft. Da viele Konsumenten das Verwenden von Daten als kritisch empfinden, muss dem Datenschutz die nötige Beachtung geschenkt werden. Die Unternehmen sind dazu verpflichtet, die gesammelten Daten verantwortungsvoll einzusetzen.

Logistik

Drohnen: Bei den Drohnen kann man zwischen zivilen und militärische Drohnen unterscheiden. Die Entwicklung ist rasant, obwohl der Gesetzesrahmen für ihren Einsatz noch nicht definiert ist.

Zivile Drohnen: Drohnen können multifunktional eingesetzt werden. Laufend werden neue Einsatzgebiete dieser Fluggeräte bekannt: als Überwachungsinstrument, als fliegende Pöstler für die Paketzustellung, als Lieferanten von lebenswichtigen Hilfsgütern im Katastrophenfall oder als Aufklärungsdrohnen (für Such- und Rettungsmissionen). Die sinkenden Herstellungskosten und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten haben Drohnen zu einem eigentlichen Boommarkt gemacht. Kleine, leichte und preisgünstige Fluggeräte von der Art der Multicopter, wie es sie inzwischen in jedem Elektronik-Fachmarkt zu kaufen gibt und die – vorausgesetzt, man hält sich an die recht strengen Vorschriften – ohne spezielle Bewilligung von jedermann geflogen werden können. Semi-professionelle Fluggeräte werden heute für Video- und Filmproduktionen genutzt, oder um eine Nutzlast von einigen wenigen Kilos bis zu 40 kg zu befördern. Ein wesentliches Merkmal solcher Fluggeräte ist die beschränkte Flugdauer (höchstens 30 bis 40 Minuten) sowie die begrenzte Reichweite. Solche Geräte eignen sich zur Überwindung der «letzten Meile» zum Kunden. Heutige Multicopter können dabei auch starken Wind ausgleichen, was allerdings wiederum die Reichweite reduziert. Nebst der Navigation über GPS oder über Live Bilder einer Bordkamera gibt es die Variante, welche die Steuerung über gespeicherte Geodaten zulässt. Dabei überprüft der Bordcomputer laufend mit Hilfe der Bildauswertung die aktuelle Lage anhand der hinterlegten Geodaten. Dadurch ist das Fluggerät jeweils imstande, die richtige Flughöhe einzuhalten, bzw. dadurch ist die Drohne auch im hügeligen oder schwierigen Gelände problemlos unterwegs.

Zivile Drohnen werden in einigen Jahren nicht mehr aus unserer Gesellschaft wegzudenken sein, so lässt sich zum Beispiel in Entwicklungsländern die fehlende Bodeninfrastruktur mittels der Drohnentechnologie ausgleichen. In entwickelten Ländern wird es in dicht bebauten Gebieten zu Drohnenschwärmen kommen, die aber mit den entsprechenden Gesetzesvorgaben (und auch mit allfälligen Bewilligungen) vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) problemlos zu managen sein werden. Bis dahin werden diese Fluggeräte/Flugkörper in der Lage sein, andere Luftfahrzeuge zu erkennen, ihnen auszuweichen, oder gesperrte Gebiete zu umfliegen.

Militärische Drohnen: Militärische Drohnen sind meist nichts anderes als unbemannte und zum Teil mit Waffen bestückte Flugzeuge mit einer Spannweite von mehreren Metern. Da diese Drohnen meistens für längere Strecken eingesetzt werden, kommen nur Flugkörper infrage, die vertikal elektrisch oder dann per Katapult gestartet werden und die für den Distanzflug über Benzin- oder kleine Jet-Triebwerke verfügen. Militärische Drohnen werden vor allem zur Überwachung und Aufklärung in einem vorab definierten Gebiet eingesetzt oder mit Waffen bestückt.

Steuerung der Drohnen
An der Arizona State University wird unter der Leitung von Panagiotis K. Artemiads an der Entwicklung und Steuerung einer neuartigen Robotervorrichtung für die menschlichen motorischen Funktionen gearbeitet. Ihm ist es gelungen, Drohnen mittels einer verkabelten Kappe allein durch die menschliche Gedankenkraft zu steuern. Unter Laborverhältnissen konnten so gleichzeitig vier Drohnen gesteuert werden. Aufgrund der Versuchsanordnung geht man davon aus, dass man als Mensch so gleichzeitig bis zu 100 Drohnen steuern könnte. Artemiads forscht auch an der Entwicklung von Dekodierungsalgorithmen für eine Mensch-Computer-Schnittstelle. So wird es gut möglich sein, dass wir zukünftig Computer alleine mit unserer Gedankenkraft steuern werden. Anwendungsmöglichkeiten liegen im militärischen Bereich, aber auch bei körperlich handicapierten Menschen.

Kofferraum-Logistik

Der Online Handel weist nun seit einigen Jahren ein hohes Wachstum auf. In diesem Umfang haben auch die Lieferungen in Form von Paketen und Sendungen an die Kunden zugenommen. Da viele Konsumenten berufstätig sind und deshalb nicht zu Hause sind, wenn ihre bestellten Waren durch die Lieferdienste vorbeigebracht werden, ist man schon seit einiger Zeit auf der Suche nach Alternativen. Diese alternativen Zustellmodelle müssen die Bedürfnisse der modernen Online-Shopper vollumfänglich befriedigen. Es zeigt sich, dass die Achillesferse des boomenden E-Commerce-Geschäfts die physische Logistik (reale Logistik) ist. Der Konsument spart zunächst Zeit beim komfortablen zu Hause-Shopping. Diesen Zeitvorteil verliert er jedoch wieder, wenn er zur Lieferzeit nicht zur Hause ist, sondern bei der Arbeit, beim Sport, im Ausgang, oder wenn er anderen Beschäftigungen nachgeht. Anstelle des ersehenden Pakets findet der Kunde bei seiner Heimkehr im Briefkasten nur einen Abholzettel.

Lieferzeiten müssen sich den Lebensrhythmen der Nutzer anpassen: Die regulären Lieferzeiten passen immer weniger zum Lebensrhythmus vieler modernen Kunden. Die Freude am Kauf wandelt sich in Frust, wenn der Kunde seiner Ware hinterherlaufen muss. Diese ebenso emotionale wie businessrelevante Gratwanderung ist den E-Shop-Betreibern bewusst, die mehr und mehr gefordert sind, ein perfektes Einkaufserlebnis vom ersten Klick bis zur Auslieferung zu bieten. Doch den Logistikdienstleistern bereitet die Paketzustellung an die Empfänger Kopfzerbrechen. Denn jeder vergebliche Zustellversuch kostet Zeit und Geld. Alternative Ideen für den Versand und deren jeweilige Vor- und Nachteile gibt es in der Zwischenzeit einige. So macht man sich Gedanken darüber, die Auslieferung per Drohne oder mittels einer Zustellbox sicherzustellen. Diese Ansätze sind flexibler, günstiger und auch schneller beim Kunden. Da es insbesondere die zunehmende Mobilität ist, die den Kunden aus dem Haus führt, ist es naheliegend, des Menschen liebstes Fortbewegungsmittel in die Überlegungen miteinzubeziehen – nämlich das Auto.

Kofferraumlogistik – das Auto wird Teil der Lieferkette: Mit einer sogenannten «Kofferraumlogistik» soll sich der Empfänger sein Paket direkt ins Auto liefern lassen. Das Fahrzeug wird damit Teil der Logistikkette. Die dafür notwendige Informations- und Kommunikationstechnologie existiert bereits heute standardmässig. Es handelt sich um die Technologie von GPS, Internet, Smartphone sowie des sicheren mobilen Identity- und Access-Managements. Das Auto ist mittlerweile ohnehin so etwas wie ein fahrbarer Computer und viele Modelle sind heute schon per Machine-to-Machine-Kommunikation ständig mit dem Internet verbunden. Die Kofferraumlogistik ermöglicht eine einfache, schnelle und sichere Paketzustellung. Die Kofferraumlogistik funktioniert so, dass der Zusteller den Barcode auf dem Paket scannt, dies führt dazu, dass der Empfänger verständigt wird, der dann die Freigabe für seinen Kofferraum aktiviert. Danach sendet das vernetzte Auto seine GPS-Daten an den Logistiker, der es in seine Routenplanung aufnehmen kann. Beim Fahrzeug angekommen, wird ein QR-Code, der hinter der Heckscheibe angebracht ist, gescannt und das Fahrzeug identifiziert. Über ein hochsicheres Identifikations- und Berechtigungssystem wird nun geprüft, ob der Zusteller zur entsprechenden Zeit auf das angefragte Fahrzeug Zugriff erhalten darf. Diese Zugriffsberechtigung ist einmalig. Wenn die Berechtigung gegeben ist, wird der Kofferraum durch das Berechtigungssystem freigegeben, bzw. entriegelt, der Zusteller legt das Paket ab und verschliesst das Auto wieder. Die mobile Identity- und Access-Lösung stellt sicher, dass nur ein autorisierter Zusteller das Fahrzeug öffnen kann. Sie protokolliert den Zustellungsprozess inklusive Öffnen und Schliessen des Kofferraums. Der Endkunde wird per SMS oder App über die Lieferung informiert.

Dieses Konzept ist ausgereift und bereits vielfach erprobt, so u.a. von Amazon und Zalando in Deutschland. Einige Autohersteller (u.a. Audi) haben dedizierte Kofferraumlogistik-Lösungen entwickelt. Doch sie konnten sich bis anhin nicht auf eine standardisierte Schnittstelle für das Öffnen und Schliessen einigen. Daher hat die deutsche T-Systems ein markenunabhängiges System auf den Markt gebracht. Damit können sich Autos der verschiedensten Hersteller nachrüsten lassen. Die offene Plattform hält auch Chancen bereit, dass weitere Serviceanbieter mit ihren Mehrwertdiensten aufspringen könnten.

Der Autohersteller Smart baut diesen Service der Kofferraumlogistik als erster grosser Autohersteller aus. Seit dem Sommer 2016 können die meisten Besitzer des Kleinwagens in den grösseren deutschen Städten und Agglomerationen diesen Service nutzen. Bei einer Online-Bestellung oder auch bei einer Retouren-Lieferung kann der Smart-Fahrer neu seinen Wagen als Empfänger- oder Abholadresse angeben, dies gilt für die meisten Online-Händler, wie Amazon oder Zalando.

Die Kofferraumlogistik bietet allen Beteiligten nur Vorteile. Der Besteller erhält seine Ware direkt ins Auto und muss sich nicht um Termine, Lieferungs- oder Öffnungszeiten kümmern, der Zusteller fährt nicht mehr umsonst und der Händler hat zufriedenere Kunden. Denkbar sind viele weitere Anwendungsmöglichkeiten für das System, wie z.B. Reparatur- oder sonstige Servicearbeiten, welche auf diese Weise orts- und terminunabhängiger durchgeführt werden können. Nach dem Vorbild von Uber ist es vorstellbar, dass z.B. Private die Funktion des Zustellers übernehmen. Das Smartphone als Schlüssel- und Ticketersatz ist ohnehin etabliert, zum Beispiel bei Reisen mit der Bahn oder im Flugzeug. Die Kombination von Smartphone und vernetztem Auto dürfte somit ebenfalls die Phantasie der Dienstleister bei der Entwicklung neuer Kundenservices anregen.

Smarte Boden-Logistik – Feinverteilung

DHL setzt vermehrt smarte, fortschrittliche Technik unter dem Namen «SmartTruck» in ihren Fahrzeugen zur Feinverteilung von Sendungen ein, dadurch wird die Effizienz von Zustellungen und Abholungen deutlich gesteigert.

Neuartige Tourenplanung: Auf den ersten Blick unterscheiden sich die dementsprechend ausgerüsteten Liefer-Fahrzeuge nicht von den herkömmlichen DHL-Transportern. Allein der Aufdruck «SmartTruck: Natürlich und intelligent unterwegs» lässt vermuten, dass es sich nicht um ein normales Lieferfahrzeug handelt. Alle SmartTruck-Fahrzeuge nutzen die RFID-Technologie, kombiniert mit einer neuartigen Tourenplanungssoftware, welche die Fahrzeuge unter anderem an Staus vorbeinavigiert. Die Fahrzeuge lassen sich durch GPS kontinuierlich verorten und ihre Fahrt verfolgen. In einer ersten Testphase, die bis März 2016 lief, wurden die SmartTrucks auf Berlins Strassen im täglichen Einsatz auf Herz und Nieren geprüft. Die Grundlage der intelligenten Tourenplanung sind satellitengestützte Geo- und Telematik-Daten, um einerseits das Fahrzeug zu orten und andererseits die Verkehrslage zu analysieren. Um entsprechende Informationen über den Verkehr in Berlins Innenstadt zu bekommen, arbeitet DHL in einem Pilotprojekt mit Berliner Taxiunternehmen zusammen. Denn steht ein Taxi im Stau, landet diese per GPS ermittelte Information automatisch auch bei DHL. Möglich macht dies das System «Floating Car Data» (FCD), das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt wurde. Das Herzstück des SmartTrucks ist die dynamische Tourenplanung: Sie ist das digitale Gehirn des Systems und verarbeitet in der DHL-Einsatzzentrale alle Informationen über Verkehrslage, Beladung und Standort des SmartTrucks und sendet entsprechende Aktualisierungen, etwa eine Streckenänderung oder den nächsten Stopp, an den Bordcomputer im Fahrzeug. Am Abend vor der nächsten Tour versorgt die Software den Fahrer des Fahrzeugs ausserdem mit allen wichtigen Informationen darüber, wie und wo welche Pakete abholbereit sind, welche Adressen für die Zustellung anzusteuern sind, welche Strecke dabei die effizienteste ist – und welche Pakete geladen werden müssen.

Kosten und Zeit sparen: Alle Daten werden direkt an die dynamische Tourenplanung übermittelt, welche die Touren – je nach Auftragslage und Verkehrsaufkommen – flexibel plant oder umplant. Für den reibungslosen Datenaustausch hat das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz darüber hinaus die entsprechende IT-Architektur entwickelt. Die Fahrer des SmartTrucks erhalten automatisch denjenigen Abhol-Auftrag zugewiesen, der am schnellsten zu erledigen ist. Kann der Fahrer das beim Kunden angekündigte Zeitfenster nicht einhalten, wird sein Auftrag umgehend an einen anderen Kollegen im Zielgebiet übergeben. Damit lassen sich Kosten und Zeit sparen. Aber auch der Umwelt kommt der SmartTruck zugute, denn durch die effiziente Tourenplanung sinken der Treibstoffverbrauch und der CO2-Ausstoss der Fahrzeuge.

RFID – Radiofrequenz Identifikation: Die zu transportierenden Pakete im Laderaum tragen Funk-Etiketten, sogenannte RFID-Tags, auf denen die Sendungs-ID gespeichert ist. Im Laderaum des Fahrzeugs sind Antennen eingebaut, die mit einem RFID-Lesegerät verbunden sind. Dieses wiederum steht in Kontakt mit dem Bordcomputer, der die Daten mit der DHL-Einsatzzentrale austauscht. Steht der SmartTruck, senden die Antennen Radiowellen aus und wecken damit die Funk-Etiketten. Jedes Paket funkt eine Art «Ich bin da» sowie seine ID zurück. Das System vergleicht die IDs mit der Transportliste und gibt über die Ampel (LED-Anzeigen) beim Beladen buchstäblich grünes Licht, sobald alles an Bord ist, oder warnt den Fahrer durch eine rote Anzeige, wenn etwas fehlt oder ein falsches Paket in den Laderaum gelegt wird. Dadurch werden Fehllieferungen beinahe ausgeschlossen. Während der Tour aktualisiert sich das System jedes Mal von selbst, wenn der Fahrer anhält und Pakete entnimmt oder zulädt. Die Hardwarekomponenten für das System, wie den Bordcomputer oder die RFID-Tags, hat der Projektpartner Motorola entwickelt.

Paketroboter der Schweizer Post

Im August 2016 stellte die Schweizer Post einen ersten Auslieferungsroboter vor. Dieser Roboter fährt und navigiert völlig autonom und kann Pakete bis zu einem Gewicht von 10 kg transportieren. In der Testphase in drei Schweizer Gemeinden wird der Roboter noch von Menschen begleitet. Die Navigation des Roboters funktioniert über neun Kameras sowie mittels Ortungssignalen (GPS), dabei erkennt er seine Umgebung, wie Hindernisse, Menschen oder Tiere – die Fahrt im Schritttempo führt ihn ausschliesslich über Trottoirs und durch Fussgängerzonen. Dabei «lernt» der Roboter mit jeder Fahrt hinzu und wird dadurch immer autonomer. Die Schweizer Post setzt dabei Modelle des Herstellers Starship Technologies ein, die eine Reichweite bis 6 km und eine max. Nutzlast von 10 kg aufweisen.
Die Lieferroboter will die Post für Spezialsendungen sowie für schnelle Essenslieferungen oder für Medikamente bei Hauslieferungen einsetzen. Dabei sollte dies schnell und günstig erfolgen. Eine flächendeckende Einführung ist innerhalb der nächsten drei Jahre angedacht, vorausgesetzt, die Tests verlaufen erfolgreich.
Die Schweizerische Post testet verschiedene disruptive Technologien, so sind ein selbstfahrendes Postauto wie auch Lieferdrohnen im Test.

Same Day Delivery (SDD): die Zustellung noch am Tag der Bestellung

Gemäss einer McKinsey-Studie von 2016 werden die SDD bis zum Jahr 2025 um 40 % pro Jahr anwachsen, dies kommt einer Verdoppelung nahe und entspricht im deutschen Markt ca. 5 Mia. Paketen. Same Day Delivery und auch Instant Delivery (Sofort-Lieferung) werden dann ein Fünftel des Paketmarktes ausmachen. Interessanterweise sind dabei rund 30 % der Kunden bereit, für eine schnellere Lieferung zusätzlich etwas zu bezahlen. Im 2016 liegt der Marktanteil von Same Day- und Instant Delivery bei bescheidenen 1 %.
Eine rasche Zustellung wird von den Konsumenten immer mehr verlangt, dies vor allem bei den Kunden unter 35 Jahren. Die älteren Kunden bevorzugen in der Regel einen niedrigen Preis für die Zustellung. Rund 70 Prozent der Befragten wählen unabhängig vom Alter immer die günstige Standardlieferung nach Hause.
Die Bereitschaft, für eine schnellere Lieferung zu bezahlen, sieht wie folgt aus:

  • 30 % wären dazu bereit, 1 Euro zu bezahlen
  • 10 % wären dazu bereit, 3 bis 5 Euro zu bezahlen

Der Kostenfaktor spielt für das Wachstum des Same Day Delivery-Marktes eine wichtige Rolle. Mittels neuer Technologien, wie autonomem Fahren oder die Zustellung durch Drohnen, könnte dieser Zustell-Liefermarkt noch weiter «angeheizt» werden, die Experten gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2025 80 % der Pakete automatisch ausgeliefert werden.

Industrie 4.0 – auch bei den Geschäftsmodellen

Bei Industrieunternehmen zeichnen sich zwei Ansätze für eine Überführung in eine digitalisierte Welt an. Einerseits ist dies eine Vernetzung der Geschäftsprozesse (Produkte – Dienstleistungen – Service – Kundendienst) und/oder der Aufbau einer neuen Geschäftseinheit (innerhalb/ausserhalb der bestehenden Organisation).

Vernetzung der Geschäftsprozesse

Diese Strategie setzt bei allen internen und externen Prozessen an, von der Kundenerwartungshaltung/-bestellung hin zur Herstellung eines Produktes, der Fernwartung / Überwachung der Produkte, den Servicebereich und möglichen Neugeschäfte. Industrieunternehmen sollten vermehrt die gesamte Wertschöpfungskette ihrer Produkte betrachten, d.h., nicht nur ihr engeres Umfeld (wie im Marketinggesicht dargestellt – das Entwickeln, von Produkten, das Produzieren, Verkaufen und evtl. der Service), sondern auch die gesamte mit ihrem Produkt angebotene Leistung. Trisa (einer der grössten Zahnbürstenhersteller Europas) produziert jährlich rund 350 Millionen Zahnbürsten. Zu den heutigen Kunden zählt der Einzelhandel wie die Migros oder der Lidl, aber auch der Konsumgüterhersteller Colgate. Die Produkte sind aus Konsumentensicht vor allem standardisierte Massenware. Eine intelligente Zahnbürste mit der entsprechenden Technologie könnte die profunde Zahnbürste zu einem Datenlieferanten machen. Die Daten liessen sich an Zahnärzte oder Versicherungen weiterverkaufen, oder der Kunde könnte sein Zähneputzen tracken/loggen (besonders könnten Eltern überwachen, ob und in welchem Umfang ihre Kinder die Zähne putzen).

Das Produkt als solches erhält über den Kauf hinaus einen Nutzen. Sowohl für den einzelnen Kunden hinsichtlich des korrekten und richtigen Einsatzes seiner Zahnbürste (die Mundhygiene wird dadurch sicherlich verbessert), aber auch für spezialisierte Zahnversicherungen, welche in einem solchen Modell die Zahnbürsten für die Kunden beschaffen würden. In einem solchen Businessmodell ist es auch vorstellbar, dass der entsprechende Versicherungskunde regelmässig im Abo eine neue (evtl. kostenlose) digitalisierte Zahnbürste erhält. Dadurch liessen sich die Versicherungsprämien senken und der Kunde profitiert durch eine kostenlose Zahnbürste. Der bisherige Markt und das heutige Businessmodell der Zahnbürsten-Hersteller würde sich dadurch stark verändern, anstelle der (vielen, einzelnen) Endkonsumenten würden als Kunden neu die (wenigen) Versicherungsgesellschaften treten. Dies hätte auf die Verkaufs-Organisationen, auf die Ertragslage (Erlöse werden sinken), die Logistik und die Verkaufsorganisation starken Einfluss.

Der Schindler-Konzern, ein Aufzugs- und Rolltreppen-Hersteller, ist da bereits weit fortgeschritten. Der Schindler-Service-Techniker ist in einer (internen) geschlossenen Service-Plattform angeschlossen. In dieser digitalen Service-Plattform sind das Produkt (intelligente Aufzüge und Rolltreppen), der Kunde (mittels eines Schindler Dashboards), das Callcenter, der Servicetechniker sowie der Einsatzmanager eingebunden. Alle verkauften Produkte sind smart (intelligent), d.h. die Produkte werden mit einer Fülle von Sensoren ausgerüstet und melden dieser Plattform laufend ihren aktuellen Zustand. Die Sensoren erfassen eine Vielzahl von Parametern der Anlagen, wie die Drehzahl der Motoren, Vibrationen, Temperatur, Geräusche, Beschleunigung und auch die genaue Positionierung. So kann vorsorglich eingegriffen werden, d.h. bereits bevor ein Produkt ausfällt. Auf diese Weise kann ein zusätzlicher Service eingeplant oder frühzeitig ein Verschleissteil ausgewechselt werden.

Das Ersatzteillager, das als Zentrallager geführt wird, umfasst 40‘000 Artikel und ist eine wichtige Drehscheibe für die Services-Techniker. Mittels seinem „digitalen Werkzeugkoffer“, einer App und dem iPad/iPhone kann der Servicetechniker die Anlagedaten herauslesen, Ersatzteile bestellen, Rapporte erstellen, Baupläne der Anlagen abrufen, Wartungspläne nachschlagen oder im Video-Chat sich mit Kollegen austauschen. Sollte das notwendige Ersatzteil nicht im Servicewagen vorrätig sein, so kann das Ersatzteil umgehend bestellt werden. Schindler hat ein System mit der Post entwickelt, welches sicherstellt, dass das angeforderte Ersatzteil in der Nacht ins Servicefahrzeug ausgeliefert wird. Mit dem Ersatzteil erhält der Pöstler einen Fahrzeugschlüssel für das entsprechende Fahrzeug mitgeschickt. Nach entsprechender Auslieferung ins Servicefahrzeug gelangt der Schlüssel wieder zurück ins Schindler-Lager. Die betriebseigene App, die ausschliesslich auf iOS läuft, kann noch mehr. Aufzugsanlagen müssen nachjustiert werden, da insbesondere Hochhäuser nach der Erstellung die Tendenz haben, sich gegen oben zu verbreitern. Das iPhone dient hier zusätzlich als Analysegerät (iSpec), mit dem Vibrationen ausgewertet werden und mit Hilfe eines Lasers Distanzen gemessen werden. Was früher viel Erfahrung und ein gutes Bauchgefühl abverlangte, kann heute durch die Technik ersetzt werden.

Der Schindler-Konzern hat sich mit seiner geschlossenen Service-Plattform einen heute einzigartigen Marktvorteil erarbeitet. Dieses System der digitalen Prozesse wurde bis anhin in der Schweiz, Deutschland, der USA und China eingeführt – weitere Länder werden sicherlich bald folgen. Seit September 2016 arbeitet Schindler mit dem chinesischen Telekomausrüster Huawei zusammen. Die beiden Unternehmen wollen bei der Entwicklung von intelligenten Komponenten zur Anbindung von Liften und Rolltreppen künftig über das «Internet der Dinge» kooperieren. Die neue Lösung zur Anbindung über das Internet of Things ist ein wichtiger Bestandteil der digitalen Plattform von Schindler, dabei sollen das Monitoring, die Analyse und die Verarbeitung von Datenströmen verbessert werden.

Aufbau einer neuen Geschäftseinheit – neue Organisationsform bei Schindler

Sicherlich ist mit dem ersten Schritt, der Vernetzung von Geschäftsprozessen, ein wichtiger Teil bereits getan. Solche Entwicklungen nehmen ihren Ursprung oftmals in den IT-Abteilungen, da man der Ansicht ist, dies sei die Sache der Informatik. Eine Transformation hin zu einer umfassenden Digitalisierung des Geschäfts bedingt aber eine andere Denkhaltung, anders qualifizierte Mitarbeiter und generell ein anderes Vorgehen. Selbstverständlich sollten die eingesetzten Mitarbeiter über eine hohe Affinität zur IT verfügen, aber auch im Besonderen eine hohe Bereitschaft für Neues, Veränderungen und auch Neugierde aufweisen. Bei einer sanften Digitalisierung mittels der Vernetzung von Geschäftsprozessen besteht die Gefahr, dass man als Unternehmen nur die internen Prozesse, Bedürfnisse und Abläufe erfasst und mittels der Digitalisierung automatisiert. Die Gesamtschau geht dabei verloren – Produkte und Leistungen werden nicht für den Selbstzweck effizient produziert, sondern für eine Kundengruppe mit ihren eignen Bedürfnissen und Vorstellungen.

Der Schindler Konzern hat dies 2013 erkannt und eine neue Tochterunternehmung, die Schindler Digital Business AG, gegründet. In diesem Unternehmensteil werden nun die digitale Kompetenz gebündelt sowie neue Leistungen und Produkte nach den Kunden- und Marktbedürfnissen entwickelt.

Der Einbezug der Kundenbedürfnisse, aller involvierten Mitarbeiter (aus den Bereichen Verkauf, Marketing, Entwicklung, Produktion, Service und Informatik) und der Geschäftsleitung ermöglicht den Schritt zu einer umfassenden Digitalisierungsstrategie.

Durch den Aufbau einer neuen Geschäftseinheit oder die Gründung einer neuen Firma (mit einem neuen eigenen Businessmodell) setzt man die nachhaltigste Basis, um der Transformation hin zu einer digitalisierten Welt/Umwelt gerecht zu werden.

Service ist eines der wichtigsten Kriterien im digitalen Zeitalter

Diese Erkenntnis ist nicht wirklich neu, sie galt auch schon in der Vergangenheit. Mit dem ausgeprägten Preisdruck der vergangenen Jahre hat aber auch der Kundenservice gelitten. Freundlichkeit, Zuvorkommenheit, kundenorientierte Beratung und ein umfassendes Wissen sind in den Hintergrund gerückt. Wer hat als Privatkonsument nicht ab und zu mit den folgenden Problemen zu kämpfen: es findet sich kein Netz, die SmartWatch synchronisiert sich nicht mit dem Online-Portal, die Heizung steigt am kältesten Wintertag aus, der Kühlschrank wird nicht kalt, das Auto lässt sich nicht mehr starten, das Display bleibt schwarz, oder die mobile TAN erscheint einfach nicht. All diese Fehlfunktionen, Schwierigkeiten und Abstürze machen den einzelnen Produkten und Marken zu schaffen. In einer digitalen Welt hat man unmittelbar weltweit Kenntnis davon, wenn z.B. der Server der Swisscom ein Problem hat, oder wenn in der Stadt Zürich aktuell ein Stromausfall herrscht. Aber auch negative Beurteilungen und andere Schwierigkeiten werden als Informationen unmittelbar in den weltweiten Netzwerken geteilt. Für die Reputation von Marken, Firmen und Produkten kann dies sehr problematisch werden, da verschiedenste Studien zeigen, dass Kunden den Weiterempfehlungen von anderen Kunden mehr Glauben schenken als den Aussagen und Versprechungen der Hersteller. Aber auch Positives und Hypes hinterlassen Eindruck, denn jeder positive Kundenkontakt ist ein Multiplikator für weitere Verkäufe.

Der heutige Konsument formuliert seine Erwartungen in den öffentlichen sozialen Netzwerken, dazu zählen eine schnelle Reaktionszeit, Produktqualität, Kundenservice oder -freundlichkeit. Wer weltweit tätig ist, muss zwangsweise rund um die Uhr einen entsprechenden Service anbieten. Der heutige Kunde wartet in zeitlicher Hinsicht z.B. bei WhatsApp max. 5 bis10 Minuten, in einem Live-Chat gerade mal 60 Sekunden – erhält er keine Antwort, springt er unmittelbar ab. Dabei hat die Kommunikation respektvoll, in der eigenen (Landes-)Sprache und in der richtigen Tonalität zu sein, damit den Erwartungen des Kunden an «seine» Marke entsprochen wird. Dies alles meistens auf den verschiedensten Kommunikationskanälen, wie dem Smartphone, einer Webseite und den sozialen Medien.

Da viele Produkte heutzutage in der Produktleistung untereinander austauschbar sind, rückt die persönliche Kommunikation und Dienstleistung deshalb in den Vordergrund. Das Kundenerlebnis und der einzigartige Kundenservice sind das A und O, denn erhält der Kunde schnelle und unkomplizierte Hilfe, wenn etwas nicht funktioniert oder nicht verstanden wird, steigert dies schlagartig und nachhaltig die positive Reputation des Unternehmens und des Produktes. Studien bestätigen diesen Effekt, denn bis zu 80 % der Kunden, die ein positives Erlebnis mit dem Kundenservice hatten, geben nicht nur erwiesenermassen mehr Geld für die Marke aus, sondern empfehlen am Ende auch die Produkte weiter (Studie 2016, Customer Service 2020 von defacto digital research).
Zwar steigt dadurch die Erwartungshaltung aller Kunden – Unternehmen, die den Kundenservice auf- und ausbauen, profitieren dadurch massgeblich.
Der Kunde wählt den Kommunikationskanal, mit Hilfe dessen er mit dem Unternehmen in Kontakt treten will, sei dies WhatsApp, Facebook, Twitter, E-Mail, Telefon, Communities oder Blogs.

Facebook und Twitter sind gute Kanäle für Support, Krisenkommunikation und Content-Distribution. Der Facebook-Messenger, mit seinen interaktiven, schnellen Antwortzeiten und mit knapp 800 Millionen aktiven Nutzern pro Monat, ist ein hervorragender «Erste-Hilfe-Kanal», ebenso für Produkt- und DIY-Beratung (do-it-yourself), oder auch für die Kommunikation von Reklamationen. In Communities, Foren und Blogs stösst man zudem auf Beeinflusser (= Influencer), die nicht nur selbst eine starke Beziehung zum Produkt/Dienstleistung haben, sondern über die man auch andere Konsumenten erreichen kann.

Der Kunde ist mittlerweile offen dafür, entsprechende Botschaften der Unternehmen über diese Kanäle zu erhalten, so u.a. Push-Nachrichten aufs Handy. Eine Studie besagt, dass über 50 % der Kunden eine Antwort per Facebook Messenger zu Servicebelangen akzeptiert. Kundenservice ist das Zauberwort, dabei hat die klassische Werbung an Bedeutung verloren.

Es ist äusserst wichtig für das eigene Unternehmen, keinen Missbrauch der neuen Kommunikationskanäle zu betreiben, wie beispielsweise die Handy-Nummern weiter zu verkaufen (an andere Unternehmen), SPAM zu verschicken, Massenwerbung zu platzieren oder anderen Missbrauch zu betreiben. Als Unternehmer kann man nur mit Vertrauen, Seriosität und einem gut ausgebauten Datenschutz eine umfassende und nutzbare Datenbank aufbauen. Denn nur lässt sich der Kunde davon überzeugen, diese neuen Kanäle für die eigenen Kunden-Services zu nutzen. Der Content (= Inhalt) muss jedoch exklusiv sein, einen Nutzen generieren und vor allem ein besonderer Service sein. Nachstehend einige Beispiele aus der Praxis:

  • Über Facebook Messenger und/oder WhatsApp erhält der Kunde bei Anwendungsproblemen Hilfe. Das Unternehmen ist für den Kunden somit jederzeit erreichbar und bereit, sich jeder Frage direkt anzunehmen.
  • Für erklärungsbedürftige Produkte ohne eigenen Support im Detailhandel, wenn z.B. ein Produkt vorzugsweise über Fachmärkte vertrieben wird, kann eine App mit direktem Live-Zugang zu Experten Orientierung geben und das nicht stattfindende Beratungsgespräch übernehmen – via Chat, Videobeiträgen und Call-Back (= Rückruf).
  • Für Unternehmen mit reinem Onlinevertrieb erspart die Kommunikation mit den Kunden via Facebook Messenger oder App den Medienbruch (= Wechsel / Bruch der Übertragungskette bei der Übertragung von Informationen)
  • Unternehmen, welche langlebige Produkte herstellen und vertreiben, wie etwa eine Küche oder ein teures Gartengerät, können über digitale Kommunikationswege den Kontakt zu ihren Kunden halten und die Marke durch Content-Angebote aufladen bzw. ihre Nutzungsintensität erhöhen.
  • Ein Concierge-Service über die unternehmenseigene App beantwortet inhaltliche Fragen.

So kann ein Kundenservice eine neue Dimension erhalten und einen hochwertigen Top-Service ermöglichen. Mit einem solchen Kundendienst via die sozialen Medien verfügt man über ein starkes Differenzierungsmerkmal gegenüber den Konkurrenten.

Dabei stehen wir im Jahr 2016 noch ganz am Anfang dieser Entwicklung, denn intelligente, selbst lernende Roboter (künstliche Intelligenz) werden diesen Bereich noch massgeblich prägen. Bei klaren Abläufen/Prozessen kann die Maschine bereits heute viele Funktionen für einen Kundenservice übernehmen, so z.B. bei einer verlorenen Kundenkarte/Kreditkarte, wobei der Kunde Schritt für Schritt durch den Prozess des Sperrens und neu Beantragens begleitet wird. Ein solcher Service funktioniert 24/7/365 (= rund um die Uhr) problemlos und dies in allen gewünschten Landessprachen. Experten gehen davon aus, dass sich bereits heute bis zu 50 % aller Anfragen von Kunden an klassische Handelsunternehmen so beantworten liessen. Bei den restlichen Anfragen wird die Beantwortung/Hilfestellung dann durch einen Menschen bewältigt.